Wie bei der Europameisterschaft 2004 sind die Griechen auch dieses Mal krasser Außenseiter. Ihre Mannschaft besteht großteils aus unbekannten Spielern, die jedoch eine offensivere... Solide Defensive, aber offensiv auf Fehler der Gegner angewiesen – das ist der EM-Kader Griechenlands!

Wie bei der Europameisterschaft 2004 sind die Griechen auch dieses Mal krasser Außenseiter. Ihre Mannschaft besteht großteils aus unbekannten Spielern, die jedoch eine offensivere Spielweise als Rehhagels siegreiche Elf der letzten Dekade an den Tag legen. Mit Fernando Santos gibt es einen Trainer, der mit einem 4-3-3 durchaus Risiko geht, jedoch eine kompakte 4-3-Formation in der Defensive setzt. Große Chancen dürften die Hellenen dennoch nicht haben, ein Weiterkommen aus der Gruppe wäre bereits ein großer Überraschungserfolg.

Das Aufgebot

Tor: Konstantinos Chalkias (PAOK Saloniki), Michail Sifakis (Aris Saloniki), Alexandros Tzorvas (Palermo)

Abwehr: Vassilios Torosidis (Olympiakos Piräus), Avraam Papadopoulos (Olympiakos Piräus), Kyriakos Papadopoulos (Schalke), Stylianos Malezas (PAOK Saloniki), Jose Holebas (Olympiakos Piräus), Georgios Tzavellas (AS Monaco), Sokratis Papastathopoulos (Werder Bremen)

Mittelfeld: Grigorios Makos (AEK Athen), Ioannis Maniatis (Olympiakos Piräus), Konstantinos Katsouranis (Panathinaikos Athen), Georgios Karagounis (Panathinaikos Athen), Georgios Fotakis (PAOK Saloniki), Konstantinos Fortounis (Kaiserslautern), Sotirios Ninis (Panathinaikos Athen), Ioannis Fetfatzidis (Olympiakos Piräus)

Angriff: Georgios Samaras (Celtic Glasgow), Dimitrios Salpingidis (PAOK Saloniki), Theofanis Gekas (Samsunspor), Nikolaos Liberopoulos (AEK Athen), Konstantinos Mitroglou (Atromitos Athen)

 

Torwartprobleme?

Weder Chalkias noch Sifakis oder Tzorvas sind unumstrittene Torhüter in ihren Stammvereinen. Chalkias dürfte der dritte Torhüter sein, trotz seines fortgeschrittenen Alters hat er bislang nur sehr wenige Nationalmannschaftseinsätze. Aufgrund seiner Größe ist er stark beim Herauskommen und in seiner Heimat gilt er auch als Elfmeterkiller. Um Platz eins im Tor streiten sich wohl Sifakis und Tzorvas. Sifakis war allerdings einen großen Teil der abgelaufenen Saison verletzt, weswegen er nur auf vier Saisonspiele kam. Tzorvas hatte ebenfalls kleinere Probleme, verlor allerdings aus Leistungsgründen seinen Platz im Tor Palermos. Seit der Rückrunde leidet er unter akutem Mangel von Spielpraxis.

Hier dürfte also ein großes Manko der Griechen sichtbar sein. In vielen griechischen Vereinen gab es in dieser Saison Torwartwechsel oder gar Rotationen, was für verunsicherte Torhüter sorgte. Keiner von ihnen konnte in dieser Saison durchgehend überzeugen und auch in den Qualifikationsspielen wurde eifrig gewechselt. Im ersten Testspiel nach der EM-Qualifikation wurde Karnezis getestet, dieser konnte sich jedoch nicht nachhaltig für einen Platz im Kader anbieten. Letztendlich wird der formstärkere aus Tzorvas oder Sifaktis spielen und Chalkias voraussichtlich den Ersatzspieler geben.

Die Abwehrreihe

Die größte und wohl individuell stärkste Auswahl darf Trainer Santos in der Innenverteidigung treffen. Hier wird voraussichtlich Avraam Papadopoulos als Abwehrchef auftreten, um den Platz neben ihm streiten sich zwei Leute. Sokratis Papastathopoulos von Werder Bremen besitzt bereits internationale Erfahrung und ist ein Innenverteidiger von Format. Seinen Platz hat er wohl sicher, da der junge Kyriakos Papadopoulos von Schalke 04 noch etwas zu jung und ungestüm ist. Der Legionär wird aber in Zukunft sicherlich eine große Rolle spielen. Er debütierte bereits mit 16 Jahren als Profi und gilt als eines der vielversprechendsten Talente auf dieser Position im europäischen Fußball. Das Turnier könnte jedoch etwas zu früh kommen, wobei ein Stammplatz keineswegs abwegig ist. Womöglich wird Santos sich dafür entscheiden, dass die zwei formstärkeren Akteure spielen, was den bisher unumstrittenen Avraam vor eine Konkurrenzsituation stellen würde. Keine großen Chancen darf sich hingegen Stylianos Malezas ausrechnen, welcher als Notnagel fungiert. Er ist der vierte Innenverteidiger im Bunde und womöglich deswegen nötig, falls Kyriakos oder Sokratis eine andere Position, beispielsweise im defensiven Mittelfeld oder gar der defensiven Außenbahn, bekleiden sollten.

Einen Konkurrenzkampf gibt es auch auf der linken Außenverteidigerposition. Hier gibt es mit Jose Holebas und Georgios Tzavellas zwei relativ ähnliche Akteure, wobei Holebas etwas offensiver agiert und aufgrund des 4-3-3-Systems den Vorzug erhalten wird. Seine Vorstöße sind wichtig, um im zweiten Spielfelddrittel Breite zu haben und das spielmachende Mittelfeld zu entlasten. Dieselbe Rolle soll Vassilios Torosidis rechts ausfüllen. Der von vielen größeren Vereinen umworbene Rechtsverteidiger gilt als spielintelligent, laufstark und als Allrounder. Seine individuellen Fähigkeiten können an guten Tagen eine Waffe sein, weswegen er auch keinerlei Konkurrenzdruck befürchten muss.

Das Dreiermittelfeld

Ioannis Maniatis wird voraussichtlich die Position des Sechsers bei der Europameisterschaft innehaben. Er soll Bälle einsammeln, diese durch Zweikämpfe vor der Abwehr erobern und einfache Pässe spielen. Ziel: Minimales Risiko, um einen sicheren Spielaufbau für die zwei Spieler vor ihm zu ermöglichen. Sein Ersatz ist Grigorios Makos, der denselben Spielertypus eines klassischen Sechsers verkörpert. Er setzte sich im Konkurrenzkampf mit Tziolis durch, welcher vor der Bekanntgabe des EM-Kaders sogar als mögliche Alternative für die Stammelf galt. Im Grunde sind sie allesamt drei ähnliche Akteure, weswegen es taktisch kaum einen Unterschied macht, wer letztendlich spielt. Maniatis dürfte aufgrund seiner Eingespieltheit mit den Mitspielern einen Vorteil haben.

Davor werden sich zwei Altstars auf der Doppelacht wiederfinden. Georgios Karagounis und Konstantinos Katsouranis bilden ein Pärchen und sind für die Spielgestaltung zuständig. Hierbei wird Karagounis den offensiveren Achter spielen und sich mehr am Spiel im letzten Spielfelddrittel beteiligen. Katsouranis hingegen soll das Spiel etwas von weiter hinten heraus organisieren und rückt nicht mit nach vorne auf. Sein Ersatz ist Georgios Fotakis, ein defensiv wie offensiv solider Mittelfeldspieler ohne nennenswerte Fähigkeiten auf höchstem Niveau.  Der Ersatz von Karagounis heißt Sotirios Ninis. Der junge Spielmacher gilt als das größte Talent seines Landes, ist körperlich jedoch nicht der robusteste und defensiv oftmals etwas nachlässig. Dennoch wäre es möglich, dass er sich auf dem Flügel oder gar als Zehner in die Mannschaft spielt, was Karagounis und Katsouranis eine Ebene nach hinten schieben würde. Der Sechser Maniatis würde dann aus der Mannschaft fallen. Diese Variante wäre womöglich zu offensiv für den Außenseiter, weswegen Ninis aktuell keine guten Karten hat. Sollte diese Aufstellung dennoch gespielt werden, gäbe es mit Fortounis einen passenden Ersatz für Ninis.

Die Sturmreihe

Im Angriff wird Santos versuchen, mit drei Spielern für Torgefahr zu sorgen. Deswegen wird die Offensivreihe wohl auch aus drei gelernten Mittelstürmern bestehen, nämlich Dimitrios Salpingidis auf rechts und Georgios Samaras auf links. Dazwischen soll der ehemalige Bundesligatorschützenkönig Theofanis Gekas als Zielspieler fungieren. Hier wird bereits das Problem der Griechen sichtbar: Durch die Fokussierung auf den Torerfolg fehlt die Bindung zum Mittelfeld und es mangelt an Kompaktheit. Gekas ist ein klassischer Strafraumstürmer, seine Partner orientieren sich ihrem Naturell entsprechend ebenfalls stark nach vorne und tun sich im Kombinationsspiel in der Tiefe etwas schwer. Deswegen hat Santos auch Alternativen mitgenommen. Fetfatzidis auf rechts und Fortounis auf links können deutlich breiter agieren und eventuell ein 4-2-3-1 mit Ninis als Spielmacher ermöglichen. Vorne würde weiterhin Gekas spielen, mit dem Altstar Liberopoulos und Mitroglou gäbe es taktisch interessante Alternativen. Liberopoulos kann seine Mitspieler selbst geschickt in Szene setzen, Mitroglou wäre eine bulligere Version von Gekas, die sich mehr bewegt, technisch aber ebenfalls nur solide ist.

Ein solches 4-2-3-1 erscheint jedoch unwahrscheinlich, voraussichtlich wird es also auf das 4-3-3 hinauslaufen.

Rene Maric, abseits.at

Rene Maric

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