Für viele war es das mit Spannung erwartete Aufeinandertreffen dieser Viertelfinals. Frankreich war eine Art Geheimfavorit vor dem Turnier gewesen, während Spanien ohnehin der... Französische Experimente schlugen fehl: Spanien nach 2:0-Sieg im Halbfinale!

Für viele war es das mit Spannung erwartete Aufeinandertreffen dieser Viertelfinals. Frankreich war eine Art Geheimfavorit vor dem Turnier gewesen, während Spanien ohnehin der absolute Topfavorit auf den Turniersieg ist. In diesem Turnier sahen die Franzosen aber wenig Land, landeten nur auf dem zweiten Platz in der Gruppe und enttäuschten letztlich mehr, als sie bezauberten. Bei Spaniens Gruppenphase gab es lediglich zu bemängeln, dass sie weniger schönspielend bzw. „romantisch“ und dafür effizienter als noch bei der Europameisterschaft 2008 sind.

Darum galten sie in dieser Partie als der Favorit und die Kritiker der Franzosen sollten Recht behalten. Der amtierende Welt- und Europameister dominierte das Geschehen und drückte die Franzosen in ihre Hälfte ein. Nach dem 1:0 schien das Spiel gelaufen, doch nach der Halbzeit kamen die Les Bleus zurück ins Spiel. Sie drängten auf das 1:1, aber es fehlten die qualitativen Torchancen – was in der Schlussphase bestraft wurde. Ein Elfmeter für Spanien wurde einmal mehr von Xabi Alonso verwandelt, der somit einen Doppelpack markierte.

Das System Spanien

Die Favoriten dominierten das Spiel und kontrollierten den Gegner. Dennoch hatten sie einige unübliche Fehlpässe drinnen, die nicht im riskanten Vertikalpassspiel entstanden, sondern bei den Querpässen; ihrer Paradedisziplin. Die Doppelsechs wurde einerseits von einem Balleroberer und Ballbehaupter gebildet, nämlich Sergio Busquets – sein Partner war der Ballverteiler Xabi Alonso. In der Theorie klingt diese Paarung gut, außerdem erinnert sie an gewisser Weise an Carrick und Scholes bei Manchester United. Der eine verteilt die langen Bälle und spielt die kurzen Pässe nebenbei (Scholes/Alonso), der andere komplettierte ihn mit der Balleroberung und der Fähigkeit, sich mit kurzen Pässen aus gegnerischen Pressingaktionen zu befreien.

Ferguson jedoch schwört auf einen Halbstürmer (Rooney) oder falschen Zehner  (ab nächster Saison Kagawa) davor, während Del Bosque auf einen weiteren Spielgestalter setzt. Xavi lässt sich oft nach hinten fallen, was für ein gewisses Problem sorgt. Die Passwege sind zwar sehr kurz und somit einfach zu spielen, aber es fehlt an der vertikalen Anspielstation. Iniesta und Silva rücken deswegen dermaßen oft ins Zentrum. Da die Mittelfeldkette aufrücken muss, die Viererkette dahinter aber durch einen Außen und Fabregas minimal tiefer bleibt, öffnet sich der Raum dazwischen. Einer aus Silva oder Iniesta rückt dann in die Mitte, wobei dies im Normalfall Letzterer ist. Die Ursache dafür ist natürlich, dass er raumöffnender und ballsicherer agiert, sowie mit Alba auf seiner Seite einen offensiveren Hintermann besitzt, der die Seite beackern kann. Dies war auch einer der Gründe für den taktischen Flop dieser Partie.

Laurent Blancs doppelte Rechtsverteidiger-Falle schlägt fehl…

Um den bisherigen Spieler des Turniers der Spanier, Andres Iniesta, in seinen Bewegungskreisen auszuschalten, traten die Franzosen mit zwei potenziellen Rechtsverteidigern auf dem Flügel auf. Dies sollte die defensive Stabilität gegen Iniesta und den offensiven Alba aufrechterhalten sowie beim Umschaltspiel gefährlich zu werden. Debuchy und Reveillere scheiterten aber dabei. Ihnen fehlten die Möglichkeiten, um den Flügel zu überladen – wie es Alba und Mathieu gegen den FC Barcelona für Valencia unter Unai Emery taten -, aber sie ließen die defensiven Zusatzeffekte ebenfalls vermissen. Dies lag daran, dass sie sich zu sehr an Iniesta versteiften. Der blasse Spanier aus Fuentealbilla ist jedoch beinahe ungreifbar. Mit seiner beeindruckenden Technik und der hervorragenden Technik kann er sämtliche Bälle perfekt verarbeiten, was mit seinen tollen Laufwegen ohne Ball ins Zentrum dafür sorgt, dass ihn keiner konstant manndecken kann.

Durch die beiden defensiven Flügeln stand man oftmals viel zu breit und tief, während Iniesta weiterhin seines Amtes walten konnte. Als er in der Halbposition angegriffen wurde, konnte er den Ball auf Alba durchstecken und dieser gewann das Laufduell – die gesamte Abwehrvariante der Franzosen wurde mit einem Pass fast schon symbolisch ausgehebelt. Die Hereingabe Albas führte zum Tor, was die Spanier souverän bis zum Schlusspfiff verteidigten. Ein Elfmeterpfiff für den eingewechselten Pedro  sorgte letztlich für das 2:0 von Alonso. Allerdings spielten die Franzosen in der zweiten Halbzeit deutlich verbessert, was einer Adjustierung der fehlgeschlagenen Spielweise der ersten Hälfte geschuldet war.

… und dann doch nicht – eine interessante Aufbesserung sorgt für französische Verbesserung

Blanc reagierte auf die Probleme seiner Doppel-Rechtsverteidigung mit einer einfachen Neuerung: die breite Stellung im Mittelfeld wurde nur noch aufrechterhalten, wenn  Alba weit nach vorne schob. Ansonsten drückte Debuchy nach innen und machte das Mittelfeld enger. Dadurch wurde das Zentrum massiver und die Spanier fanden weniger einfache Wege nach vorne. Eine Konsequenz war auch davon, dass das Pressing besser praktiziert wurde. Der gesamte Defensivblock wurde dank der höheren Enge kompakter und ließ weniger Löcher zu. Je weiter vorrückte, umso mehr näherten sie sich dem weniger spielstarken Kern der Spanier: der Viererkette. Diese sah sich einige Male unter Bedrängnis dazu gezwungen, weite Bälle herauszuspielen und vom spanischen Kurzpassdogma abzuweichen. Häretisch schenkten sie einige Bälle her und Frankreich erstarkte, allerdings spielten die Spanier defensiv gut und diszipliniert. So hatten die Franzosen etwas mehr vom Spiel, blieben aber über weite Strecken ungefährlich.

Welches Quäntchen fehlte?

Die Frage des Spiels war wohl auch, wieso Nasri nicht spielen durfte. Laurent Blanc kritisierte im Vorfeld des Turniers seine defensiven Einflüsse und forderte mehr, was der City-Star letztlich nicht brachte. Darum musste er nun auf der Bank bleiben, obwohl dies womöglich ein spielentscheidender Fehler war. Nasri ist nämlich ein herausragender Akteur in der Ballbehauptung, im Konterspiel und bei der Passsicherheit, was ihn zu einem der kreativsten Fußballer unserer Zeit macht – wenn natürlich auch mit Schwächen in Konstanz und defensiver Mitarbeit. Für ein fluides und schnelles Konterspiel gegen die ohnehin ball- und raumdominanten Spanier wäre er aber Gold wert gewesen. Mit Ribéry und Benzema hätte er eine Art flexibles Angriffsdreieck bilden können, welches von einer Dreierkette dahinter abgesichert wird. Eine Variante, die teilweise mit anderem Spielermaterial in der besseren Phase Frankreichs nach dem Seitenwechsel beobachtet werden konnte.

Mit Debuchy hätten sie einen Spieler gehabt, der diese Asymmetrie offensiv wie defensiv ausgleichen kann und daneben eine Doppelsechs, die für Nasri und Ribéry absichert. Die 4-3-Formation in der Abwehr verschließt formativ gesehen auch die Schnittstellen der Abwehr, die konservativ und risikolos hätte agieren können. Diese Chance wurde allerdings von Blanc nicht genutzt und letztendlich war die Niederlage wohl verdient. Spanien glänzte nicht, aber war doch die bessere Mannschaft und verdiente sich den Einzug in das Halbfinale.

Rene Maric, abseits.at

Rene Maric

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