Nach einem katastrophalen Saisonstart schaffte die SV Ried gerade noch die Wende und konnte in der letzten Runde der Herbstsaison die rote Laterne an... Ersatz für Leistungsträger: Können Brandner und Honsak in Ried bestehen?

SV Ried - Wappen mit Farben_abseits.atNach einem katastrophalen Saisonstart schaffte die SV Ried gerade noch die Wende und konnte in der letzten Runde der Herbstsaison die rote Laterne an den Wolfsberger AC abgeben. Die Herausforderung für das Frühjahr scheint noch größer zu sein, wenn man sich die Entwicklung am Spielersektor ansieht.

Ried-Trainer Paul Gludovatz gesteht offen, dass man einen Stürmer suche, gefunden wurde er aber noch nicht. Mit Oliver Kragls Wechsel zu Frosinone konnte die SV Ried zwar wieder einmal einen bemerkenswerten Coup landen, sein Transfer in die Serie A riss aber auch ein erhebliches Loch in den Kader der Innviertler. Zudem fehlt mit Marcel Ziegl ein wichtiger Spieler im Mittelfeldzentrum verletzungsbedingt. Verpflichten konnte man nur bisher unerfahrene Youngsters, die aber durchaus interessant sind.

Brandner: Umsichtiger Ballverteiler mit Defensivqualitäten

Nachdem Gludovatz auf den Trainerstuhl der Rieder zurückkehrte erwarteten viele, dass er wieder auf „sein“ 3-3-3-1-System setzen würde. Tatsächlich machte der 69-Jährige die eine oder andere Anpassung, die eine kleine Trendwende einleitete. Besonders wichtig dabei war das gute Zusammenspiel zwischen Gernot Trauner und Ziegl im Zentrum. Beide sind eher unterschätzte Spielertypen, weil sie mit ihren Aktionen weniger spektakulär auffallen. Gerade im Positionsspiel verhalten sie sich aber sehr gut und sind variabel. Dass die Ergebnisse nach Ziegls Kreuzbandriss zunächst wieder schlechter wurden, unterstreicht seinen Wert.

Zwar holten die Oberösterreicher aus den letzten fünf Spielen vier Siege, hatten aber weiterhin spielerische Probleme. Fünf der neun Tore fielen nach ruhenden Bällen und beim 4:2 über die Austria gab es große Räume für Konter. Mit Michael Brandner holte man vom FC Liefering nun einen Spieler, der dieses Manko beheben könnte, wie man anhand seiner Radargrafik ableiten kann.

In den drei Passkategorien war der 20-Jährige unter den Mittelfeldspieler der Sky Go Erste Liga im Spitzenfeld. Dabei nahm er eine ähnliche Rolle wie Ziegl in Ried als Balancespieler ein. Brandner kann sowohl als alleiniger Sechser und Ballverteiler vor der Abwehr agieren, als auch den defensiven und offensiven Part einer Doppelsechs übernehmen. Mit 2,8 Tackles und 4,0 abgefangenen Bällen pro 90 Minuten hat er folglich auch gute Balleroberungswerte.

Gerade dieses breite Fähigkeiten findet man – außer wie erwähnt bei Trauner – bei keinem anderen Spieler im Rieder Kader. Michele Polverino, der an Ziegls Stelle in die Stammformation rutschte, hat zwar ebenfalls sehr gute Balleroberungswerte (3,8 Tackles und 2,7 abgefangene Bälle pro 90 Minuten), dafür aber andernorts Schwächen. Neben individuell und taktischen Schwächen im Ballbesitzspiel ist auch seine strategische Positionierung in der Defensive nicht hundertprozentig sauber, sodass es ein Risiko wäre, würde er alleine derartig viel Platz wie Ziegl alleine abdecken.

Honsak: Variabler Linksfuß für die Außenbahn

Ebenso wie Brandner kickte auch Mathias Honsak zuletzt beim FC Liefering und kommt leihweise von Red Bull Salzburg. Dem 19-Jährigen dürfte zwar eine taktisch weniger heikle Position wie Brandner zukommen, der Druck auf ihn ist aber durchaus groß. Kragl, den der Nachwuchsteamspieler ersetzen soll, war neben den beiden genannten Ziegl und Trauner nämlich der wohl konstanteste und auffälligste Spieler bei den Riedern. Dabei hatte der Deutsche aus taktischer Sicht durchaus seine Schwächen, wie wir im Herbst bereits näher ausgeführt haben.

Gludovatz adaptierte sein System nämlich auch auf den Seiten, sodass Kragls herausragende Eigenschaft bei Flanken nicht zur Geltung kam. Dafür kamen seine Probleme im Kombinationsspiel und im individuellen Bereich zum Vorschein. Erst nachdem eine erneute Anpassung vorgenommen wurde, konnte er wieder aufzeigen. Anstatt der flexiblen Mischformation aus 3-4-2-1, 3-1-4-2 und 3-5-1-1, agierten sie in einer klaren 3-4-2-1-Ordnung. Darüber, inwiefern Gludovatz dabei einen Kompromiss einging, seine ursprünglich interessante Idee zugunsten Kragls fallen zu lassen, oder ob es andere Beweggründe dafür gab, lässt sich nur spekulieren.

Mit Honsak hat der Burgenländer nun aber einen Spieler im Kader, der auf der linken Außenbahn flexibel eingebunden werden kann. Im Vergleich mit den oft unruhig wirkenden Bewegungen von Kragl, scheint Honsak in seinen Aktionen bedachter. Während Kragl viele seiner Torschussbeteiligungen (3,5 pro 90 Minuten) förmlich erzwang, hielt sich Honsak im Herbst offensiv eher zurück. Wohl auch deshalb, weil die Lieferinger mit einer Viererkette spielte und er dabei links hinten agierte. Dementsprechend mehr erfolgreiche Defensivaktionen hatte er.

Honsak bewegt sich nicht nur stur die Linie rauf und runter, sondern kann auch zentraler eingebunden werden – sowohl im Offensiv- als auch Defensivspiel. Das eröffnet Gludovatz – ebenso wie die Verpflichtung von Brandner – die Möglichkeit, taktische Umstellungen vorzunehmen ohne personell aktiv werden zu müssen. Allerdings bleibt für die beiden talentierten Neuzugänge insbesondere deshalb, weil sie nur ausgeliehen sind, wenig Eingewöhnungszeit. Sie müssen kurzfristig helfen – einerseits weil sie wichtige Stützen ersetzen, andererseits weil Ried aus einer schweren Ausgangsposition ins Frühjahr geht.

Alexander Semeliker, abseits.at

Alexander Semeliker

@axlsem

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