Michael Krammer wurde am Montag von einer überwältigenden Mehrheit zum Rapid-Präsidenten gewählt. Im Zuge seiner Konzeptpräsentation erhielt der 53-Jährige immer wieder Applaus von den... Grün-weiße Romantik und der Weg in die Professionalität: Michael Krammer ist neuer Rapid-Präsident!

SK Rapid Wien (Logo, Wappen)Michael Krammer wurde am Montag von einer überwältigenden Mehrheit zum Rapid-Präsidenten gewählt. Im Zuge seiner Konzeptpräsentation erhielt der 53-Jährige immer wieder Applaus von den Rängen, kurz nachdem sein Vorgänger Rudolf Edlinger mit Standing Ovations verabschiedet wurde und die grün-weiße Bühne ein für allemal verließ.

Er stellt was dar, der Neue. Michael Krammer kann seinen Background nur schwer verbergen. Als der neue Rapid-Präsident kurz vor seiner erfolgreichen Wahl den Mitgliedern sein Konzept präsentierte, wirkte er wie eine Mischung aus Top-Manager und Militär. Sein Selbstvertrauen und seine Körpersprache sind sinnbildlich für den Wechsel, der in Hütteldorf stattfinden soll.

Kurzfristig mehr Geld – mit Hilfe von Fans und Mitgliedern

Krammer präsentierte ein Großkonzept mit sieben Teilkonzepten, die allesamt bestimmten Präsidiumsmitgliedern zugeteilt sind. Das kurzfristige Ziel ist eine Budgeterhöhung, die durch alternative Vermarktungsformen und die Mithilfe der Fans erreicht werden soll. Nur selten ließ sich der ehemalige Orange-CEO während seiner Präsentation vom Weg des professionellen Vortragenden abbringen und verfiel der Sprache des einfachen Mannes. Die einfacher formulierten Statements waren klare Aufträge an die anwesenden Mitglieder: „Jeder“ nimmt zum Spiel gegen den FC Thun zwei Freunde mit ins Stadion und „jeder“ der Anwesenden wirbt zwei neue Vereinsmitglieder. Krammer appellierte an die Begeisterung und Kaufkraft der letzten Meistersaison und rechnete den Anwesenden vor, was das kurzfristig für den Verein bedeuten würde.

Aufbruchsstimmung und grün-weiße Romantik

Eine leicht romantische Vorstellung – ebenso wie Krammers Ziel bis 2019 in die Top-50 der UEFA-Rangliste zu kommen. Es ist ein Ziel, das faktisch nicht planbar ist, weil auch andere europäische Klubs nicht schlafen. Aber es ist ein hoch angesetztes Ziel, das sich Rapid setzen musste, nachdem die letzten Jahre von „Europacup reicht“-Parolen dominiert wurden. Der neue Rapid-Präsident gab in seiner flammenden Rede selbst zu, dass dieses Ziel enorm viel Arbeit und Begleitumstände erfordert, aber „wer nicht über große Ziele redet, wird sie nicht erreichen“. Und auch wenn es eben wie eine romantische Vorstellung wirkt: Nach einigen schweren Jahren ohne größere Erfolge oder Trophäen, die man in die Luft stemmen durfte, braucht Rapid wieder ein bisschen Romantik. Das Zauberwort heißt „Aufbruchsstimmung“ und die konnte Krammer mit seiner starken Präsenz und größerem, dreidimensionalem Denken entfachen.

Relatives Ziel

Wichtiger als das plakative Gesamtziel, ist ohnehin der Weg dorthin. Wenn Rapid im Jahr 2019 auf dem 60.Platz der UEFA-Rangliste und in den Jahren zuvor den einen oder anderen Erfolg feiern konnte, wird niemand von einem Scheitern Krammers sprechen. Krammers Team steht viel Arbeit bevor, denn der SK Rapid muss sich in allen Bereichen verbessern und professionalisieren. Die Herangehensweise Krammers wurde am Montagabend den Mitgliedern präsentiert. Die Ideen des neuen starken Mannes in Hütteldorf sind schlüssig, die Kompetenzen klar verteilt und manche Dinge wirkten auf den durchschnittlich interessierten Beobachter vielleicht sogar etwas fremd. Stichwort „Internationalisierung“, mit der Rapid neue Märkte erschließen und sich auf lange Sicht einen höheren Status auf europäischer Ebene sichern möchte.

Die kleinen Dinge

Mit großem Beifall wurden vor allem die kleinen Dinge bedacht. Als Krammer im Zuge seines Teilkonzepts zur Mitgliederanwerbung, eine süffisante Bemerkung über die nicht mehr zeitgemäße offizielle Homepage des SK Rapid verlor, gab es zustimmenden Szenenapplaus. Den emotional wichtigen Standort Hütteldorf präsentierte Krammer als Notwendigkeit, ohne dabei populistisch zu werden. Einmal klipp und klar gesagt, danach nicht auf der Aussage sitzenbleibend – ausreichend.

Suche nach einem neuen Sportdirektor

Zeit für große Feierlichkeiten blieb dem neuen Präsidium nach dem Abend, der etwa um 23:30 Uhr beendet war, nicht. Schon am nächsten Morgen ging es für Krammer, Bruckner, Peschek und Co. ans Werk. Das erste große Thema des neuen Teams: Das rasche Suchen und Finden eines Nachfolgers von Sportdirektor Helmut Schulte. Es wird der erste kleine Stepstone sein, an dem man die neuen Entscheidungsträger in Wien-Hütteldorf messen kann. Mit einer Entscheidung ist in den nächsten Wochen zu rechnen – eher früher als später.

Keine Zeit zu verlieren

Die Zeitpläne, die Rapids Chefetage ausgab, sind ebenfalls ein Indiz für systematischeres Arbeiten. Eine Entscheidung rund um das neue Stadion soll im März oder April 2014 fallen. Ende März 2014 soll zudem die Strukturreform auf Schiene gebracht werden. Für lange Wartezeiten ist rund um die ambitionierten Ziele kein Platz. Beim einstimmig angenommenen Antrag durch die Initiative Rapid 2020, Rapid brauche ein Leitbild und solle dies durch die Einberufung einer Arbeitsgruppe auf Schiene bringen, ließ Krammer nicht mal Minuten verstreichen. Unmittelbar nachdem Rapideum-Kurator Domenico Jacono seinen Antrag der Marke Gänsehaut verlas, gab Krammer die Kompetenzen an den Antragssteller weiter: „Dazu brauch ich keinen Präsidiumsbeschluss. Ich beauftrage Dich, Domenico, mit der Einberufung einer Arbeitsgruppe, deren Vorsitz du hast.

Ran ans Werk!

Schnelles Schalten, die Verteilung der Kompetenzen auf mehrere Schultern, Einbindung von Fans und Mitgliedern, Handeln statt Reden. Rapid steuert in eine Zukunft, die viel zu spät, aber letztendlich doch, von der strukturellen Stabilität eines Kakteenzüchtervereins wegdriftet. Die Konzepte sind gut, das Engagement der Neuen konnte man schon am Tag der Wahl beobachten – jetzt geht’s an die Arbeit, die rund um Rapid plötzlich wieder Spaß machen soll. Und Rudi Edlinger? Der scheidende Präsident wurde gebührend verabschiedet, erhielt Standing Ovations, konnte sich den einen oder anderen wehmütigen Blick nicht verkneifen. Nach dem Ende der Veranstaltung gab’s noch ein Bier, einen oder zwei Tschick und einen schnellen Abschied aus dem Gasometer. Von nun an ist der Langzeitpräsident Rapids wieder ein mehr oder weniger normaler Fan.

Daniel Mandl, abseits.at

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen

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