Mit dem 3:1-Erfolg über den SK Sturm Graz steht die Europacup-Tür für Rapid weit offen. Im Aufeinandertreffen der beiden Letzten der Frühjahrstabelle war Rapid... Rapid laufstärker und taktisch cleverer: Barisic feiert beim 3:1 in Graz den ersten Sieg in Ära #2

Marcel Sabitzer (SK Rapid Wien)Mit dem 3:1-Erfolg über den SK Sturm Graz steht die Europacup-Tür für Rapid weit offen. Im Aufeinandertreffen der beiden Letzten der Frühjahrstabelle war Rapid die cleverere Mannschaft, hielt Sturm geschickt vom eigenen Tor fern und belohnte sich schließlich auch mit Toren, die sowohl erkämpft, als auch schön herausgespielt wurden.

sturm_rapid_runde32Zoran Barisic überraschte mit einer nominell äußerst offensiven Aufstellung. Mit Alar, Burgstaller, Sabitzer und Grozurek standen vier potentielle Flügel in der Startelf. Alar konnte dabei am ehesten als Angreifer bezeichnet werden – dieser spielte aber kurioserweise in Rapids Offensivquartett am Defensivsten. Die Formation war am ehesten als 4-2-1-3 zu bezeichnen, in dem Alar vor der Doppelsechs mit Heikkinen und Boskovic Freiheiten genoss und diese auch zu nützen wusste, wie etwa der schöne Pass auf Sabitzer vor dem 1:0 bewies.

Gutes Laufspiel, gute Staffellung

Die vier Offensivspieler Rapids bewegten sich gut, rochierten immer wieder, agierten äußerst bissig. Durch dieses engagierte Laufspiel, an dem auch Alar stark teilnahm, wurde Sturm Graz bereits im Spielaufbau gestört. Die Außenverteidiger der Grazer, Klem und Ehrenreich, konnten sich gegen die hoch pressenden Offensivspieler Rapids kaum befreien. Dadurch, dass Alar nicht an vorderster Front agierte, sondern einen Verbindungsmann zwischen defensivem Mittelfeld und offensiver Dreierreihe bildete, gab es im Mittelfeld nur selten Löcher. Heikkinen und Boskovic spielten passiv, aber solide, stellten Pass- und Laufwege im offensiven Mittelfeld Sturms immer wieder gut zu.

Einfach, intensiv und keine sich zuziehende Schlinge

Rapid war die spielbestimmende Mannschaft, die Art und Weise wie man die Überlegenheit nützte war jedoch untypisch und deshalb interessant zu beobachten. Die Einzelspieler konzentrierten sich auf ihre Stärken, spielten einfach, aber ohne Ball laufintensiv. Erstmals seit langer Zeit wurde bei Rapid die Dynamik der einzelnen Akteure richtig ausgenützt, die Offensivspieler und auch die Außenverteidiger (Trimmel und Katzer spielten durchschnittlich wesentlich höher als die Außenverteidiger der Grazer) bewegten sich viel ohne Ball. Rapid versuchte Sturm aber nicht in der eigenen Hälfte einzuschnüren – und dies war der Schlüssel zum Erfolg.

Tiefe offensive Grundausrichtung

Rapid fädelte sich nicht am gegnerischen Strafraum auf und versuchte mit Powerplay-Situationen zu Torerfolgen zu kommen. Die Offensivspieler legten ihren Schwerpunkt sehr tief an, wodurch Sturm aus der Defensive gelockt wurde (Vujadinovic!). Da Rapids Offensivspieler sich nicht zu stark in Richtung Sturm-Tor orientierten, entstand im Mittelfeld eine beinahe dauerhafte numerische Überlegenheit Rapids, die die Barisic-Elf sehr kompakt und schwer zu spielen machte. Rapid spielte technisch erneut nicht gut bzw. nur im Rahmen der Möglichkeiten, kämpfte aber wie schon in den Spielen zuvor intensiv und gewann, rein fachlich betrachtet, aufgrund des intensiveren Laufspiels und der cleveren Ausrichtung, durch die Grün-Weiß nie in die Gefahr kam, ins offene Messer zu laufen.

Mehr Selbstbewusstsein und Kampf ließen das Glück zurückkommen

Praktisch betrachtet lief allerdings auch alles für den SK Rapid. Der vermeidbare Abspielfehler von Trimmel vor Hölzls Treffer zum 1:1 war ein kleiner Wermutstropfen in einem Spiel, in dem Rapid das Glück gepachtet hat. Vor dem zweiten Treffer war der Ball wohl bereits im Seitenaus, das dritte Tor war ein Geschenk der Sturm-Abwehr und Jan Novota, aktuell wohl der Rapid-Spieler mit dem höchsten Selbstvertrauen, parierte einen schwach geschossenen Elfmeter von Richard Sukuta-Pasu. Allerdings erarbeitete sich Rapid dieses Glück auch, wie etwa der dritte Treffer des jungen Dominik Starkl zeigte. Rapid war Sturm auch deshalb immer einen Schritt voraus, weil man zweite Bälle nicht aufgab und sich selbst mehr zutraute.

Sturms Aufbauspiel in der Zentrale zu schwach

Sturm Graz hatte seine Probleme speziell auf der Zentralachse. Und weil die Probleme der Steirer primär dort lagen, konnte man auch die Flügelspieler und Angreifer Sukuta-Pasu nie richtig in Szene setzen. Weber und Koch blieben blass und zu passiv im Spielaufbau, weil sie sich zumeist einer grün-weißen Überzahl gegenüber sahen. Szabics, der als hängende Spitze agieren sollte, blieb völlig farblos, konnte nie Akzente setzen. Weil Sturm an den Flügeln nur sehr selten Überzahlen schaffen konnte, wich Sukuta-Pasu immer wieder auf die Außenbahnen aus. Rapid blieb jedoch in der defensiven Ordnung: Sukuta-Pasu wurde vom Innen- an den Außenverteidiger übergeben, der jeweilige Innenverteidiger blieb zumeist auf seiner Position. Der Deutsche konnte somit nie seine Gegenspieler binden, um Platz für andere Sturm-Spieler zu schaffen, sondern sprang nur von Position zu Position, ohne die defensive Grundordnung Rapids zu stören.

Sturm gibt Mittelfeld aus der Hand

Das Resultat: Sturm brachte seine gefährlichen Spieler so gut wie nie in die unmittelbare Gefahrenzone. Selbst wenn die Grazer sich an den Flügeln durchsetzen konnten, blieb nur der Pass in den Rückraum, zumal sich im Strafraum zu wenig bewegte. Und im Rückraum wurde es für Sturm schon wieder riskant, weil eben Heikkinen und Boskovic tief spielten und das „hinten herum“ spielen dadurch erschwert wurde, dass Alar sich vor der Doppelsechs gut bewegte. Sturm gab gegen Rapid das Mittelfeld aus der Hand, verlor dadurch den Zugriff aufs Spiel und kam nur äußerst selten gefährlich vors Rapid-Tor. Den ersten und einzigen Eckball bekamen die Grazer erst in der Schlussviertelstunde zugesprochen. Zu wenig für ein Heimspiel.

Barisic als besserer Feldherr

Rapid an diesem Tag als reiferes Team zu bezeichnen, wäre übertrieben. Aber die Barisic-Elf spielte wesentlich konkreter, bewegte sich besser, lechzte nach dem (wichtigen!) Gewinn zweiter Bälle und wurde – last but not least – vom Trainer weitaus besser eingestellt als der SK Sturm. Spielerisch lief zwar auch bei Rapid wenig zusammen, aber in der aktuellen Lage, muss man eben mit Kampf und Laufbereitschaft einen Rhythmus finden. Angesichts dessen machte Rapid im Auswärtsspiel gegen den Konkurrenten um einen Europacupplatz alles richtig.

Sieg über Wolfsberg wäre Vorentscheidung im Kampf um Europa

Nun hat es Rapid in der eigenen Hand das Saisonziel zu erreichen: Mit einem Sieg über den Wolfsberger AC am kommenden Wochenende, hätte Rapid drei Runden vor Schluss zumindest sechs Punkte Vorsprung auf Platz 5 und bräuchte in den letzten drei Runden praktisch nur noch einen Sieg um sich für den Europacup zu qualifizieren. Sturm Graz muss nächste Woche bei der angeschlagenen Admira punkten, erweckte die Südstädter in der laufenden Saison schon einmal zu neuem Leben.

Kampf um die Europacupplätze – Restprogramm

SK Rapid Wien (50 Punkte): Wolfsberger AC (h), SC Mattersburg (a), Admira Wacker Mödling (a), SV Ried (h)

Wolfsberger AC (45 Punkte): SK Rapid Wien (a), Admira Wacker Mödling (h), SC Wiener Neustadt (a), FC Wacker Innsbruck (h)

SK Sturm Graz (45 Punkte): Admira Wacker Mödling (a), SV Ried (h), FC Wacker Innsbruck (a), SC Wiener Neustadt (h)

SV Ried (44 Punkte): SV Mattersburg (h), SK Sturm Graz (a), Red Bull Salzburg (h), SK Rapid Wien (a).

Daniel Mandl, abseits.at

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen

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