Große Sprünge waren in Tirol wohl ohne Großsponsoren wie Edelstein- oder Milchhersteller nicht zu erwarten. Dennoch blieben die wackeren Innsbrucker lange mit drin im... Saisonrückblick: Wacker Innsbruck bis zum Ende gut mit dabei

Große Sprünge waren in Tirol wohl ohne Großsponsoren wie Edelstein- oder Milchhersteller nicht zu erwarten. Dennoch blieben die wackeren Innsbrucker lange mit drin im Rennen um den Europacup. Ein wichtiger Faktor war Trainer Walter Kogler, der oft, aber auch nicht immer, richtig lag.

Wiedermal wichtig: Wenig Austausch

Der Stamm der Mannschaft rund um die routinierten Leistungsträger Iñaki Bea, Tomas Abraham, Martin Svejnoha und Marcel Schreter blieb unverändert. Einzig Pascal Grünwald ging zu den Veilchen, im Gegenzug sicherte sich Wacker die treuen Dienste des Evergreens Szabolcs Safar. Harald Pichler, der zum SK Rapid Wien ging, war der zweite Spieler, den die Tiroler quasi entwickelt hatten. Daniel Schütz, der vom SCR Altach kam, war somit neben Safar der einzige Neuzugang für die erste Elf. Unter der Saison wurde noch Peter Hackmair, von Verletzungen öfters zurückgeworfener U20-WM-Held von 2007 verpflichtet, Andreas Bammer wurde zu USK Anif weitergereicht, Lukas Hinterseer sollte ab Winter beim FC Lustenau Spielpraxis sammeln.

Ungemütliches erstes Saisonviertel, Besserung im zweiten

Trotz eines 3:2-Auswärtssieges in Kapfenberg zum Saisonauftakt war das erste Viertel der Spielzeit 2011/12 ein eher unbefriedigendes. Waren die Niederlagen gegen Salzburg (0:1, zweite Runde) und Rapid (0:3, neunte Runde) noch vertretbar, so schmerzten die Unentschieden und vor allem die 0:5-Klatsche am heimischen Tivoli gegen die SV Ried noch viel mehr. Am Ende des ersten Durchgangs standen demnach lediglich acht Punkte zu Buche, erste Stimmen nach einer Ablöse von Walter Kogler waren zu vernehmen.

Bis zur 19. Runde, dem Ende der Frühjahrssaison, stabilisierten sich die Leistungen. Zwei Niederlagen standen vier Siegen und drei Unentschieden gegenüber. Ganz wichtig bis zum Winter waren insgesamt die neun Punkte gegen den späteren Absteiger KSV. Der siebte Platz zur Winterpause mit nur sechs Zählern Rückstand auf die am dritten Platz liegenden Bullen sowie 14 Zähler Vorsprung auf den letzten Platz hievten Kogler wieder fester in den Sattel. Da war sogar die Unform von Marcel Schreter verkraftbar.

Traum bis zum 31. Spieltag

Zwölf Spiele lang verkaufte sich der FC Wacker mehr als ordentlich. Gegen die Wiener Austria und Sturm Graz wurde verloren, ebenso gegen Red Bull. Vier Siege und fünf Unentschieden ließen aber von Europa träumen. Immerhin fehlten am 31. Spieltag nur zwei Zähler auf die Veilchen, die an dritter Stelle lagen. Und auswärts ging es dann an den Verteilerkreis, Kogler pokerte hoch und verlor. Dem 0:3 in Favoriten folgte eine verrückte 3:6-Heimniederlage gegen Mattersburg. Damit war die Luft endgültig draußen. Die Spieler und der Trainer mussten der langen und anstrengenden Saison Tribut zollen. Der Saisonausklang war dann weniger von großartigen Spielen, den von der Gewissheit, sich in der kommenden Spielzeit nach oben orientieren zu können, geprägt.

Koglers Taktik

Walter Kogler baute von Beginn der Saison an auf ein 4-1-4-1-System. Dieses gilt es näher zu betrachten. Ausgangspunkt ist eine modern agierende Viererkette, Fokus liegt auf den Außenverteidigern, die oftmals weite Wege gehen müssen, um die Lücke zu den Flügelspielern zu schließen. Schlüsselpunkt ist aber die Position Sechs. Vor der Abwehr agierte in beinahe allen Ligaspielen Tomas Abraham. Der erfahrene Tscheche verstand es, sich nicht nur auf das Zerstören des Spiels – wie etwa Franz Schiemer im 4-1-4-1 unter Huub Stevens – sondern auch auf das Verteilen der Bälle zu konzentrieren. Vor ihm agierten mit – beispielsweise – Merino eher offensiv orientierte Spieler, was auch den holprigen Start in die Meisterschaft erklärte. Wenn nämlich die Spieler der offensiven Viererkette nicht intelligent nach hinten arbeiten, kann der Gegner leicht Überzahlsituationen kreieren. Dieses System griff vor allem bis zur Niederlage gegen die Wiener Austria in der 32. Runde, als man die zweitmeisten Punkte erringen konnte.

Das grundlegende Problem am 4-1-4-1 ist, dass generell ein Mann zu wenig da ist. Die Kontertaktik funktioniert, zieht es mehrere Spieler nach vorne, dann fallen hinten die Tore. Bestes Beispiel war das 3:6 gegen Mattersburg am 33. Spieltag. Die Offensivzentrale, also die mittleren Positionen der Viererkette, war bei besagter Niederlage mit Merino, einem Zehner, und Julius Perstaller, einem Mann für die vorderste Front besetzt. Zum Vergleich wieder das System Stevens: Da spielten auf diesen Positionen mit Christoph Leitgeb und Simon Cziommer zwei Achter, die nach vorne und nach hinten gut arbeiten konnten und Akzente setzten. Dennoch belebte das System die Liga, da, wenn der Gegner Dominanz zulässt, öfter als in passiveren Spielsystemen Überzahlsituationen kreiert werden können. Ein zeitweiliges Umstellen auf zwei Spitzen ist auch möglich, dann verwandelt sich das 4-1-4-1 in ein 4-4-2 mit Mittelfeldraute, wie es Werder Bremen lange praktizierte. Der taktische Knackpunkt war aber eben, dass man in manchen Situationen zu offensiv agierte, Niederlagen teilweise sehr hoch ausfielen.

Moment der Saison

Hier ist die elfte Minute in der 27. Runde – Heimspiel gegen den SK Rapid – zu erwähnen. Nicht einmal so sehr wegen des Sieges über die Wiener, sondern weil das erfrischende, muntere Offensivspiel innerhalb von elf Spielminuten zwei Tore erbrachte und auch der Anschlusstreffer in der 60. Minuten nichts am Sieg änderte. Marcel Schreter hatte das Tor zum 2:0 aus einem Freistoß erzielt.

Fazit

Erfrischend. Das ist wohl ein Wort, das die Saison des FC Wacker Innsbruck am besten beschreibt. Gemäß der althergebrachten Weisheit, dass die „kleineren“ Vereine die „größeren“ aus Wien, Graz und Salzburg beliefern müssen, erfüllten die Tiroler diesen Auftrag. Doch wenn man weiter nach oben will, dann müssen auch Leistungsträger gehalten werden und die richtigen Transfers getätigt werden. Diese Aufgabe erfüllten die Innsbrucker, die wie eingangs erwähnt finanziell eher klamm sind, im Sommer mit Bravour. Das Duo Kogler/Prudlo arbeitete gut und muss den eingeschlagenen Weg bestätigen. Mit langfristiger Planung und Kontinuität auf der Ebene der Verantwortlichen sowie am Feld kann Wacker vielleicht auch ohne große Geldgeber den Schritt Richtung Europacup gehen. Das geht bekanntermaßen am ehesten step by step, ein erster wichtiger wäre es, die offensive Zentrale zu verstärken.

Georg Sander, abseits.at

Georg Sander

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