In dieser Serie sollen jede Runde parallel zu den üblichen Spielanalysen ein paar Tore hinsichtlich der Entstehung, individueller Fehler oder  taktischer Feinheiten genau untersucht... Toranalyse zur 33. Runde der tipp3-Bundesliga | Hosiner, Schloffer, Kainz

Philipp Hosiner (FK Austria Wien)In dieser Serie sollen jede Runde parallel zu den üblichen Spielanalysen ein paar Tore hinsichtlich der Entstehung, individueller Fehler oder  taktischer Feinheiten genau untersucht und analysiert werden. In der Toranalyse zur 33. Runde nimmt abseits.at die Treffer von Philipp Hosiner (Austria Wien), David Schloffer (Sturm Graz) und Florian Kainz (Sturm Graz) unter die Lupe.

FK Austria Wien – Wolfsberger AC 2:1, Philipp Hosiner (72. Minute)

Die Entscheidung um die europäischen Startplätze scheint entschieden zu sein. Während sich der SK Rapid im Sonntagsspiel vom SV Grödig 2:2 trennte, gewann die Wiener Austria gegen den Wolfsberger AC 3:1 und hat damit drei Runden vor dem Ende fünf Punkte Vorsprung auf den Aufsteiger. Matchwinner war Philipp Hosiner, der alle drei Tore seines Teams erzielte. Das 2:1 sehen wir uns genauer an.

Die Austria erhält einen Freistoß und führt diesen schnell aus, wodurch eine ähnliche Situation entsteht, wie sie der WAC vor kurzem selbst zu einem Tor ausnutzte. Der angespielte Spieler hat auf der linken Seite viel Platz. War es beim angesprochenen WAC-Treffer ein individueller Fehler, so ist es hier jedoch ein systembedingter. Im defensiven Umschaltspiel setzen die Kärntner nämlich nicht auf ein sofortiges Gegenpressing, sondern suchen Stabilität.

Anstatt den Gegner sofort zu attackieren und unter Druck zu setzen, lassen sie sich fallen, versuchen das Spiel zu verzögern und kommen daher erst meist kurz vor dem eigenen Strafraum zu Balleroberungen. Man erkennt dies im obigen Bild daran, dass die Abwehrkette viel tiefer positioniert ist als die Mittelfeldlinie davor. In der Folge bewegt sich das Team geschlossen nach hinten, wie man im nächsten Bild sieht.

Diese Strategie hat durchaus auch Vorteile. Beispielsweise hat man bei Kontern mehr Platz, weshalb technische Schwächen der einzelnen Spieler nicht so schwer wiegen. Ein großer Nachteil ist hingegen, dass man sich gewisser Weise in die Abhängigkeit vom Gegner begibt und erst dann Zugriff hat, wenn dieser das Tempo aus dem Spiel nimmt. Bewegt er sich, wie die Austria bei diesem Tor, gut, dann ist es schwer, den Angriff abzuwürgen.

Markus Suttner (blau) hinterläuft hier den Ballführenden und sorgt damit dafür, dass der Rechtsverteidiger des WAC an ihn gebunden ist und daher nicht auf Ola Kamara (rot) gehen kann. Deshalb kommt es in der letzten Linie zu einer Gleichzahlsituation zwischen je drei Wienern und Wolfsbergern, die sich horizontal etwas versetzt positionieren. Boris Hüttenbrenner (weiß) rückt zur Seite auf Kamara raus und übergibt seinen Gegenspieler, Hosiner (gelb) an den zweiten Innenverteidiger. Dieser verliert jedoch das finale Kopfballduell gegen den Austria-Stürmer.

SK Sturm Graz – SV Josko Ried 1:0, David Schloffer (46. Minute)

Spät aber doch scheint der SK Sturm Graz in die Gänge zu kommen. Nachdem die Steirer, die im vergangenen Sommer groß aufrüsteten, lange als Krisenteam galten, zeigen sie in den letzten Wochen ansprechende Ergebnisse. So rangieren sie in der Formtabelle der letzten sechs Spiele zum Beispiel auf Platz zwei hinter Rapid. Gegen die SV Ried, die sich gewissermaßen entgegengesetzt entwickelt, siegte Sturm 2:1.

Die Rieder wählen im defensiven Umschaltspiel einen anderen Ansatz als der WAC beim oben analysierten Tor. Sie setzen nach dem Ballverlust sofort nach und praktizieren ein aggressives Gegenpressing. In der Nähe des Balls ist dieses in Österreich generell ziemlich beachtlich, da es äußerst engagiert und aggressiv wirkt. Allerdings fehlt den attackierenden Spielern oft die entsprechende Rückendeckung.

Man mag auf dem ersten Blick meinen, das sei eine österreichische „Krankheit“ bzw. würde nur in schwächeren Ligen der Fall; tatsächlich sieht man derartige Mängel aber auch bei internationalen Topvereinen. Das Herausrücken der Sechser muss perfekt getimt sein. Im besten Fall ist dieser dabei abgesichert. Ansonsten hat er dafür Sorge zu tragen, dass der Ball nicht in seinen Rücken gespielt wird.

Bei diesem Tor ist das augenscheinlich nicht der Fall, denn Marco Djuricin (blau) hat im Zentrum enorm viel Platz. In der Folge laufen die Grazer in einem Drei-gegen-Drei auf das gegnerische Tor zu und haben den gleichen Vorteil wie die Austria in der ersten Szene. Ried muss reagieren und hat zudem den Nachteil, dass der Linksverteidiger deutlich langsamer ist als David Schloffer (gelb). Dieser überläuft seinen Gegenspieler einfach und schließt trocken ab.

SK Sturm Graz – SV Josko Ried 2:1, Florian Kainz (84. Minute)

Auf seinem Siegeszug gewann der SK Sturm unter anderen auch gegen Red Bull Salzburg. Den Siegtreffer erzielte dabei Florian Kainz nach Vorarbeit von Tobias Kainz. Auch gegen Ried waren die beiden die Hauptprotagonisten beim entscheidenden Tor und wie schon gegen die Bullen zeigte sich dabei die hohe individualtaktische Klasse von Tobias Kainz.

Hier sieht man, dass sich Tobias Kainz (blau) fallen lässt, obwohl er prinzipiell schon in seiner ursprünglichen Position anspielbar wäre und den Ball aufgrund seiner technischen Stärke wohl auch behaupten würde. Die Idee hinter dieser Bewegung ist vielmehr, dadurch Raum für seinen Mitspieler zu schaffen, wie man im nächsten Bild sieht.

Kainz‘ nomineller Gegenspieler Gernot Trauner (rot) folgt ihm nämlich, was in seinem Rücken ein entsprechendes Loch für einen Vertikalpass auf Florian Kainz (gelb) offen lässt. Neben der strategisch klugen Bewegung von Tobias Kainz ist in dieser Aktion jedoch auch das zögerliche und nicht abgestimmte Verhalten der Rieder Innenverteidiger zu erwähnen. Die Innviertler sind am Strafraum in Überzahl, weshalb der ballnähere der beiden problemlos zur Seite rücken und den Raum zustellen könnte.

Alexander Semeliker, abseits.at

Alexander Semeliker

@axlsem

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