In dieser Serie sollen jede Runde parallel zu den üblichen Spielanalysen ein paar Tore hinsichtlich der Entstehung, individueller Fehler oder taktischer Feinheiten genau untersucht... Toranalyse zur 8. Runde der tipico Bundesliga 2014/2015 | Damari, Thomalla, Beric

Robert Beric - SK Sturm GrazIn dieser Serie sollen jede Runde parallel zu den üblichen Spielanalysen ein paar Tore hinsichtlich der Entstehung, individueller Fehler oder taktischer Feinheiten genau untersucht und analysiert werden. In der Toranalyse zur 8. Runde nimmt abseits.at die Treffer von Omer Damari (Austria Wien), Denis Thomalla (SV Ried) und Robert Beric (Rapid Wien) unter die Lupe.

FK Austria Wien – SV Josko Ried 1:0, Omer Damari (14. Minute)

Nach sieben sieglosen Bundesligaspielen unter Gerald Baumgartner hat die Wiener Austria mit einem 3:1-Heimsieg gegen die SV Ried den ersten Saisonsieg eingefahren. Matchwinner für die Veilchen war dabei Omer Damari, der zwei Tore selbst erzielte und das andere vorbereitete. Das erste Tor des Israelis wollen wir uns genauer ansehen.

Ausgangspunkt dieses Treffers ist eine Seitenverlagerung der Wiener Austria im Spielaufbau. Man sieht in diesem Bild, dass sich der Rieder Defensivverbund vor allem auf der kamerafernen Seite befindet und erst herüberschieben muss – eine absolut übliche Situation. Allerdings rückt hier Julius Perstaller (rot) heraus und will Druck auf den Ballführenden ausüben, was die Angriffswelle der Gastgeber ins Rollen bringt. Denn aufgrund dessen, dass es kaum Mitspieler hinter sich befindet, fehlt die entsprechende Absicherung.

Perstaller hätte hier abwartender agieren und den Raum sichern müssen. Erst wenn seine Mitspieler nachgeschoben haben, dürfte er herausrücken. So kann er mit einem einfachen Pass überspielt werden und Markus Suttner (blau) hat auf der Außenbahn viel Platz, kann problemlos das 1:0 vorbereiten.

Hier sieht man, dass Suttner selbst nach relativ langer Zeit bei seiner Flanke noch ungestört ist. Marcel Ziegl (grün) muss einen weiten Weg von der ballfernen Seite zurücklegen und kann den Passweg auf Damari (gelb) nicht verschließen. Dieser bewegt sich gut, positioniert sich vor seinem Gegenspieler und lässt diesen mit einer Finte ins Leere laufen. Ebenfalls interessant sind die unterstützenden Elemente, die zwei weitere Austrianer einbringen.

Einerseits hält Alexander Grünwald (weiß) links die Breite, weshalb Rieds Rechtsverteidiger nicht auf Suttner herausrücken bzw. den Passweg auf Damari zustellen kann. Würde er dies tun, könnte Suttner Grünwald mit einem Steilpass einsetzen. Zudem bewegt sich auch Daniel Royer (schwarz) gut. Er zieht den rechten Innenverteidiger von Ried etwas nach außen und öffnet den Passweg auf Damari zusätzlich. Gegen diese Bewegungen ist Ried mehr oder weniger chancenlos, weil Pressing eben eine Mannschaftstaktik ist, bei der Alleingänge wie jener von Perstaller zu Beginn der Aktion ins Auge gehen können.

FK Austria Wien – SV Josko Ried 1:1, Denis Thomalla (36. Minute)

Das zweite Tor, das wir uns in dieser Toranalyse im Detail ansehen wollen, fiel ebenfalls im Spiel der Wiener Austria gegen die SV Ried. Wieder spielt das Pressing der Rieder eine wichtige Rolle; diesmal jedoch mit positivem Ausgang für die Innviertler.

Die Rieder fokussierten ihr Pressing in diesem Spiel auf ihre rechte Seite und leitete den Spielaufbau so auf den aufbauschwächeren FAK-Innenverteidiger. In dieser Szene versuchte die Austria dennoch über ihre linke Seite aufzubauen. Florian Mader (weiß) kippte hier, wie so oft in diesem Spiel, zwischen Rieder Angriffs- und Mittelfeldlinie heraus. Daraufhin ziehen sich diese jedoch blitzartig zusammen. Vor allem das Vorwärtspressing von Stefan Lainer und Gernot Trauner (schwarz) sowie das Rückwärtspressing von Ziegl und Thomas Fröschl (rot) sorgt hier für blitzartigen Druck auf den Ballführenden.

Doch auch bei genauerer Betrachtung erkennt man, dass es für Mader praktisch keinen Ausweg aus diesen Trichter der Rieder gibt. Die vier attackierenden Akteure sind nämlich ausreichend abgesichert. So können Dieter Elsneg und Perstaller (grün) auf kurze Abspiele in die Mitte reagieren und Denis Thomalla (gelb) auf einen direkten Seitenwechsel, der ohnehin schwer zu bewältigen wäre. Der Deutsche ist schließlich auch jener Spieler, der den Angriff nach der Balleroberung erfolgreich abschließt.

SC Wiener Neustadt – SK Rapid Wien 0:1, Robert Beric (3. Minute)

Der SK Rapid setzte sich in seinem Nachtragspiel beim SC Wiener Neustadt deutlich mit 5:1 durch. Die überragenden Spieler dabei waren Robert Beric und Louis Schaub, die jeweils doppelt trafen. Den Führungstreffer, den wir im Rahmen dieses Artikels analysieren, erzielte der Rekordmeister schon in der dritten Minute. Auch hierbei spielt unsauberes Pressing eine Rolle. Die Laufbereitschaft oder Willen, den Ball zu erobern, kann man den Wiener Neustädtern in den wenigsten Fällen absprechen. Vielmehr ist dieses Tor der niedrigen individualtaktischen Qualität der Einzelspieler zuzuschreiben.

Ein Problem, das man bei den Niederösterreichern immer wieder sieht: in der ersten Pressinglinie sind sie sehr nah am Ball, allerdings tun sich dahinter große Lücken auf – so auch hier. Sie stehen in Ballnähe zwar kompakt und haben sogar eine Überzahl, die Abwehr positioniert sich dahinter jedoch sehr tief. So bekommt der Gegner Platz zwischen den Linien und – wenn sie sich auch noch horizontal zusammen ziehen – Räume auf den Seiten. Hier steht Rapid-Linksverteidiger Stefan Stangl (schwarz) alleine im großen Freiraum.

Interessant ist auch das Verhalten des Ballführenden. Er wird frontal prinzipiell sehr gut angelaufen, denn der Wiener Neustädter positioniert sich so, dass Stangl fast gänzlich in seinem Deckungsschatten befindet. Er hat zudem auch einen ausreichenden Abstand zum Ball, wodurch er genügend Reaktionszeit hat um einen etwaigen Pass an ihm vorbei abzufangen bzw. abzufälschen. Der ballführende Rapid-Spieler verzögert aber, weshalb der attackierende Wiener Neustädter weiterläuft. Der Abstand wird kürzer, weshalb er auf einen Pass nicht mehr reagieren kann und der Ballführenden den Ball nur irgendwie an ihm vorbeibringen muss um Stangl freizuspielen.

WRN-SCR2

Hier sieht man erneut die zu großen Abstände zwischen Abwehr und Mittelfeld sowie den erwähnten Freiraum für Stangl. Obwohl das Spiel schon einigermaßen Tempo aufgenommen hat, hätte Wiener Neustadt in diesem Moment noch die Chance, den Angriff zu bremsen. Dafür müsste Christoph Freitag (rot) auf den Ballführenden herausrücken. Christian Deutschmann (weiß) könnte sich dann auf den in die Tiefe gehenden Schaub (blau) konzentrieren und würde den Pass auf ihn wohl abfangen. Tatsächlich attackiert aber Deutschmann, weshalb Rapid mit Schaub und Beric (gelb) in eine Überzahlsituation mit dem zweiten Innenverteidiger kommen und problemlos auf 1:0 stellen.

Alexander Semeliker, abseits.at

Alexander Semeliker

@axlsem

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