Austria-Trainer Peter Stöger hatte Sonntagabend allen Grund zur Freude, denn seine Truppe besiegte im ausverkauften Hanappi-Stadion den SK Rapid Wien souverän mit 3:0. Mit... Verdienter 3:0-Auswärtssieg der Wiener Austria in Hütteldorf |  Gäste nutzen individuelle Fehler eiskalt aus

Austria-Trainer Peter Stöger hatte Sonntagabend allen Grund zur Freude, denn seine Truppe besiegte im ausverkauften Hanappi-Stadion den SK Rapid Wien souverän mit 3:0. Mit einem derart deutlichen Auswärtssieg haben wohl selbst die wenigsten Austria-Fans gerechnet, denn aufgrund der Ergebnisse der ersten beiden Runden wurden die Hausherren von Fans und Buchmachern klar favorisiert. Wie kam es also zu diesem deutlichen Resultat?

Keine Überraschung bei Rapid-Aufstellung

Rapid-Trainer Peter Schöttel sah nach den Siegen in den ersten beiden Runden keinen Grund um seine Mannschaft zu verändern, insbesondere  da die Umstellungen beim Europa-League-Spiel in Novi Sad alles andere als von Erfolg gekrönt waren. Die Aufstellung sah zumindest auf dem Papier gleich aus, wie in den Partien gegen Wacker Innsbruck und Wiener Neustadt, es gab allerdings einen entscheidenden Unterschied, der sich für die Heimmannschaft extrem nachteilig auswirkte. In den ersten beiden Runden ließ sich bei eigenem Ballbesitz der aus Innsbruck zurückgekehrte Ildiz weit zurückfallen und organisierte von hinten den Spielaufbau. Gegen die Wiener Austria übernahm jedoch Kulovits diese Rolle, der am gestrigen Abend defensiver als Ildiz eingestellt war.

Peter Stöger beweist ein gutes Händchen

Im Gegensatz zum Rapid-Trainer überraschte Peter Stöger mit seiner Aufstellung gleich auf drei Positionen. Der kroatische Innenverteidiger Kaja Rogulj bekam den Vorzug gegenüber Lukas Rotpuller und ersetzte den gesperrten Georg Margreitter. Im Angriff gab es ebenfalls eine Umstellung, denn Roman Kienast drängte sich durch starke Trainingsleistungen auf und spielte Roland Linz aus der Mannschaft. Am überraschendsten war jedoch, dass der Austria-Coach Tomas Šimkovič statt Florian Mader beginnen ließ, obwohl er vor der Partie ankündigte, dass er seine Mannschaft im Auswärtsspiel gegen Rapid Wien ausnahmsweise ein wenig defensiver einstellen würde. Peter Stöger behielt im Endeffekt mit allen Umstellungen Recht, denn Rogulj machte in der Defensive neben Ortlechner einen guten Eindruck, Simkovic erzielte den letzten Treffer der Partie und bereitete Rapid auch ansonsten einiges an Kopfzerbrechen und Roman Kienast bedankte sich für seine Nominierung gleich mit zwei Toren.

Kulovits mit Blackout beim ersten Tor

In den ersten beiden Meisterschaftsrunden kassierten die Hütteldorfer keinen Treffer, im Derby machten sie dem Erzrivalen jedoch gleich mehrere Gastgeschenke, die dieser dankend annahm und eiskalt ausnutzte. Beim ersten Treffer unterlief Kulovits ein katastrophaler Fehler, als er die Situation falsch einschätzte und die Derby-Niederlage einleitete.

Aus einer harmlosen Situation resultiert das erste Tor des Spiels:

Kulovits will den Ball vor Ortlechner abschirmen, anstatt dass er auf Nummer sicher geht und den Ball zum Eckball klärt.

Er lehnt sich in den Gegner hinein, verliert jedoch den Zweikampf…

..kommt zu Fall und Ortlechner legt ideal zu Kienast in die Mitte zurück, der die Gelegenheit nutzt und sicher verwandelt

Laufwege der Austria-Spieler verwirren Rapid-Defensive beim zweiten Treffer

Der zweite Treffer resultierte nach einer schönen Aktion der Wiener Austria, bei der sich die defensiven Kräfte der Heimmannschaft jedoch auch ungeschickt anstellten. Einerseits bekamen die Hütteldorfer nicht genug Spieler hinter den Ball, andererseits wählte die Wiener Austria geschickte Laufwege, die die Ordnung in der Rapid-Abwehr auf den Kopf stellte.

Der linke Außenverteidiger der Austria, Markus Suttner, bekommt ein ideales Zuspiel auf der linken Seite.

Man beachte den Abstand zwischen den Mannschaftsteilen des SK Rapid Wien: Nur fünf Spieler nehmen in dieser Aktion an der Defensivarbeit teil: Die Abwehr-Viererkette und Deni Alar, der am nächsten beim ballführenden Spieler (Suttner) ist, jedoch zu ungestüm attackieren und ins Leere rutschen wird.

Die Austria-Spieler wählen intelligente Laufwege: Jun zieht von der Mitte nach rechts und bindet so Markus Katzer (schwarzer Pfeil) an sich, während Gorgon von rechts in die Mitte zieht. Aus dem Mittelfeld stoßen weitere Spieler der Austria an die Strafraumgrenze, während das Mittelfeld von Rapid nicht mehr entscheidend engreifen kann.

Durch die taktisch klug gewählten Laufwege und die Tatsache, dass das defensive Mittelfeld von Rapid der Hintermannschaft nicht zu Hilfe kommt, hat Suttner gleich zwei hervorragende Anspielstationen an der Strafraumgrenze. Er legt den Ball ideal für Gorgon ab, der jedoch verstolpert….

Der Ball kommt in der weiteren Folge zu Dare Vrsic, der ideal auf den in der Mitte alleinstehenden Kienast  flankt, der mühelos per Kopf seinen zweiten Treffer erzielt.

In der 83. Minute entschied Simkovic endgültig die Partie, nachdem er eine Vorlage von Kienast verwertete. Der Austria-Stürmer profitierte davor von einem technischen Fehler des eingewechselten Heikkinen.

Rapid-Außenverteidiger mit Problemen

Die Niederlage der Hausherren auf die individuellen Fehler zu reduzieren wäre allerdings auch nicht richtig, denn die Gäste hatten mehrere hochprozentige Möglichkeiten, die Torhüter Lukas Königshofer, der am gestrigen Nachmittag der stärkste Rapid-Spieler war, jedoch entschärfen konnte. Während gegen schwächere Gegner wie Wacker Innsbruck die Variante mit den extrem offensiv ausgerichteten Außenverteidigern Katzer und Trimmel perfekt funktionierte, erwies sich diese Ausrichtung gegen die Austria als wenig vorteilhaft. Katzer kam zwar zu einigen Offensivaktionen, ihm fehlte jedoch komplett die Präzision bei den Hereingaben. Trimmel wiederum offenbarte in der Defensive große Schwächen und die Austria-Akteure am linken Flügel hatten es mehrere Male lustig mit dem gelernten Stürmer.

Gutes Pressing der Austrianer | Schwacher Spielaufbau der Rapidler

Wie bereits oben erwähnt zeichnete sich in den ersten beiden Runden Ildiz für den Spielaufbau zuständig und meisterte diese Aufgabe äußerst souverän. Der defensive Mittelfeldspieler ließ sich zwischen die weit auseinanderstehenden Innenverteidiger zurückfallen, holte sich die Bälle von hinten und verteilte sie perfekt. Gegen den SC Wiener Neustadt spielte er 114 Pässe, von denen 112 ankamen (98,2%)!

Im Derby stand Kulovits tiefer als Ildiz und so musste der kampfstarke, aber technisch eher schwächere Erzrapidler diese Rolle übernehmen.  Da der Gegner zudem sowohl hoch, als auch kompakt stand und so nur wenig Räume zuließ, brachte Rapid keinen vernünftigen Spielaufbau zusammen, auch da sich die übrigen Spieler bei Ballbesitz zu wenig bewegten. Peter Stöger stellte seine Mannschaft perfekt auf den Gegner ein und seine Spieler befolgten seine Anweisungen überaus diszipliniert. Schlüsselfiguren wie Kapitän Steffen Hofmann fanden nicht in die Partie hinein und konnten keine Akzente setzen. Erst beim Stand von 0:3, als alles entschieden war, kam Rapid zu zwei guten Chancen – die größte Möglichkeit hatte Neuzugang Boyd, der jedoch aus kurzer Entfernung nur die Stange traf.

Rapid-Ersatzbank unausgewogen | Wechsel bleiben ohne Wirkung

Neben Torhüter Novota saßen Pichler, Schrammel, Schimpelsberger, Prager, Heikkinen und Burgstaller auf der Ersatzbank. Guido Burgstaller kam in der 60. Minute für Drazan ins Spiel und zeigte in der letzten halben Stunde, weshalb er momentan nicht in der Startaufstellung steht. Neben Burgstaller hatte Trainer Schöttel jedoch keine Spieler auf der Bank sitzen, die in der Offensive nachlegen können. Er brachte in weiterer Folge Prager und Heikkinen für Kulovits und Ildiz, eine Maßnahme die wenig Erfolg versprach. Da Rapid bis auf den Langzeitverletzten Prokopic keine Ausfälle verkraften musste, stellt sich schon die Frage, ob die Offensivabteilung ausreichend bestückt ist. Junge Spieler wie Grozurek, Wydra und Schaub suchte man vergeblich auf der Ersatzbank.

Kondition und Doppelbelastung

Die Mannschaft des SK Rapid Wien wirkte müde, wenig spritzig und auch die Körpersprache der Spieler sprach Bände. Natürlich hatte Rapid erst am Donnerstag ein schwieriges Spiel in Novi Sad, aber so früh in der Saison sollte die Doppelbelastung trotz der Hitze kein großes Problem darstellen. Dennoch wirkten die Spieler der Austria in den entscheidenden Situationen spritziger. Auch die Körpersprache verriet, dass die Gäste den Sieg mehr wollten.

Fazit

Trainer Peter Stöger hat einen sehr großen Anteil am Sieg. Er traf einerseits die richtigen Personalentscheidungen, andererseits stellte er seine Mannschaft perfekt auf den Gegner ein und überraschte mit einer hoch stehenden Mannschaft und aggressivem Pressing, auf das die Rapid-Spieler keine Antwort wussten. Ein Kompliment muss man natürlich auch seinen Spielern aussprechen, die seine Vorgaben am Platz perfekt umsetzten und besonders in der Defensive diszipliniert und kompromisslos agierten. In der Offensive fehlte jedoch auch bei der Austria hie und da die Präzision bei den Abspielen und es ist sicher noch ein wenig Luft nach oben vorhanden. Es wird interessant sein, welche Schlüsse Rapid-Trainer Peter Schöttel aus dieser Niederlage ziehen wird. Wird das Experiment mit Trimmel als rechter Verteidiger auch in der nächsten Runde beim schweren Spiel gegen Meister Red Bull Salzburg fortgesetzt werden? Wie organisiert Rapid in den kommenden Partien den Spielaufbau? In drei Tagen steht für die Hütteldorfer das Rückspiel gegen Vojvodina Novi Sad am Programm. Mit einer Leistung wie beim Derby könnte das Thema Doppelbelastung ab dem kommenden Wochenende bereits der Vergangenheit angehören.

Stefan Karger, www.abseits.at

Stefan Karger

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