Von Marcel Koller sind alle begeistert. Diese „Alle“ sind hauptsächlich die großen Internetblogger wie ballverliebt.eu, Qualitätsjournalismus für Qualitätsfußball oder Martin Blumenaus Fußball-Journal. Was sagen aber die Printmedien zu... Der Team-Pressespiegel – das Schreiben die Meinungsmacher über das Nationalteam

Von Marcel Koller sind alle begeistert. Diese „Alle“ sind hauptsächlich die großen Internetblogger wie ballverliebt.euQualitätsjournalismus für Qualitätsfußball oder Martin Blumenaus Fußball-Journal. Was sagen aber die Printmedien zu dem Schweizer, dem am Dienstag (20:00) in Lwiw der erste Härtetest bevorsteht. 

Vonseiten der ORF-Analytiker wehte Koller heftiger Wind entgegen. Der Grundtenor war, dass Österreicher dieselbe Qualifikation für Österreichs wichtigste Position im Fußball haben. Der Beißreflex gegen Ausländer griff vollkommen, Herbert Prohaska, Frenkie Schinkels, Werner Gregoritsch oder Kurt Jara lehnten ihn mehr oder weniger vollkommen ab. Auch besonnene Typen wie Peter Stöger ließen dem „Eine gute Entscheidung“ immer noch ein „aber“ folgen. Dem Fernsehen und vor allem dem Internet zum Trotz findet die Meinungsmache in Österreich aber immer noch sehr stark in den großen Printmedien statt. Ein Rundblick.

Präventive Ausreden

Peter Linden von der Krone packte das Rezept in die Headline: „Den Ball ins Tor schießen“. Es würde nicht wundern, wenn die Krone-Aufstellung die Spieler enthält, die am Dienstag auflaufen wird: Lindner – Fuchs, Pogatetz, Prödl, Schiemer – Alaba, Baumgartlinger – Ivanschitz, Arnautovic, Harnik – Janko. So weit, so gut, so wohl die beste derzeit verfügbare Elf. Im Kommentar schießt sich Linden dann schon auf die Niederlage ein, interessanterweise aber nicht auf Koller selbst. Schiedsrichter Oddar Moren aus Schweden könnte laut dem Sportchef eine tragende Rolle spielen. Keine unwahrscheinliche Denke, spricht er doch schon die Konter-Taktik der Ukraine an. Moren pfiff das „Skandalspiel“ in Wien Favoriten gegen Bilbao, als die Basken drei sehr fragwürdige Tore schossen. Zur Erinnerung: Zwei Tore sollen aus Abseitspositionen erzielt worden sein, eines nach einem Foul. Immerhin räumt er dem 32-Jährigen eine gewisse Entwicklung ein. Das ändert aber nichts daran, dass hier anscheinend schon präventiv nach Ausreden gesucht wird.

Was wirklich wichtig ist…

Team Inside nennt Christian Russegger von Österreich die wirklich wichtigen Dinge über das Nationalteam. So erfahren die Leser, dass Robert Almer und Christian Fuchs jeweils gegenseitig Trauzeugen waren und die Spezialität des Spitzenkochs Nuss-Nougat-Knödel sind. Immerhin steht auch etwas Wichtiges drinnen, Teamchef Koller setzt nämlich auf Kommunikation, Analysen und Meetings. Spannender wird es bei der Kolumne von Hans Krankl. Der ehemalige Trainer polemisiert gegen Willibald Ruttensteiners Strukturreform („Bluttests sollen neu sein?“), wirft den Spielern „Einschleimen“ beim Neuen vor und wie unfair dieses Verhalten nicht gegenüber Dietmar Constanini sei. Krankl schließt mit dem Totschlagargument: „Die Wahrheit beginnt in der Ukraine“. Anton Polster präsentiert seine Gedanken anders, spricht die Euphorie beim Gegner an. Er fordert aber etwas unerwartet Realismus ein: „Koller kann keine Wunder vollbringen!“ Während bei Krankl also noch der Ärger herrscht, scheint sich Polster mit der Situation abgefunden zu haben. Der Rest der drei Seiten verrät nicht mehr viel, die Ukraine wird als stark dargestellt, des Weiteren werden die Österreicher offensiv erwartet.

Constantini-Verteidigung im Kurier?

Traditionell nah dran ist der Kurier. Günther Pavlovics stürzt sich für die Sonntagsausgabe auf den Teamgeist und das Verhältnis zwischen Koller und Spielern. „Es herrscht ein guter Geist“ sagt Koller da, aber „nur weil wir gute Stimmung haben, heißt das nicht, dass wir automatisch drei Punkte holen“. Das Interview ist voll mit wohl geübten Aussagen. In seinem Kommentar wird dann Ex-Chef Constantini verteidigt. Aufhänger sind die modernen Kommunikationsmittel, deren Ablehnung laut Pavlovics vom Boulevard als „Peitschenknallen“ interpretiert werden. SMS und Internet habe auch, eventuell vor allem, der Tiroler nicht gern gesehen. Es sei keine Schweizer Eigenart, die Zügel anzuziehen und Disziplin ein zu fordern. Allerdings wird die Distanz von Koller zu der Öffentlichkeit lobend hervorgehoben. „Das muss im Haberer-Land Österreich nicht immer schlecht sein“, führe aber zu den stereotypen Stil-Blüten.

Presse mit Doppelseite

Der Presse am Sonntag ist das Nationalteam eine Doppelseite und zwei Redakteure wert. Wolfgang Wiederstein und Gerhard Hofer führten das obligate Interview, stellen die Grundaussage des Teamchefs in die Headline: „Ich nicht der Wunderwuzzi“. Darüber hinaus wird die Arbeit von Thomas Janeschitz vorgestellt. Der Koller-Assistent ist dafür zuständig, dass ebenjener Statistiken bekommt. Daten, Fakten, Scouting sind die Aufgaben des Sportwissenschaftlers, allerdings wertet Wiederstein dahingehend, dass diese „noch lange keinen gläsernen Spieler machen“. Janeschitz unterstützt dies mit der Expertise, dass „es um Zusammenhänge geht, nicht nur um Zahlen“ und die Spielleistung beurteilt werde. Im Sektor W wird dann vom Autor darüber geraunzt, wie schlecht das Spielermaterial nicht wäre und wie gut es Joachim Löw habe. Koller sei zum Ausprobieren gezwungen, während der deutsche Bundestrainer 90 Minuten lang eine Dreierkette simulieren kann. Das mutet angesichts der doch guten Spieler und trotz der Ausfälle von Gratzei, Scharner oder Dag doch etwas überzogen an. An der „nicht teamreifen Einserposition“ wird es nämlich sicherlich nicht liegen, sollten die Österreicher „einfahren“.

Trainingsbericht im Standard

Standard-Redakteur Christian Hackl berichtet von einem nun gefestigten Marko Arnautovic und von Stürmern, die auch in der Defensive viel arbeiten sollten. Das Wichtige sei, schneller aus der Tiefe des Spielfeldes vor des Gegners Tor zu kommen. Laut Sebastian Prödl soll die durch eine „Marke Österreich“ zustande kommen. Eine „neue Ära“ und „Wiedererkennungswert“ seien laut dem Werder-Akteur wichtig. Auch Hackl beschreibt die tolle Stimmung und Kollers Spaß, mit dem Team zu arbeiten. Im Gegensatz zur Krone stehe „die Startformation keinesfalls fest“, sehr wohl aber die Taktik. Pressing an der Mittellinie und das schon von Constantini forcierte überfallsartige Spiel nach vorne. Verwunderlich ist, dass der Standard auf den Boulevard-Zug aufspringt und die Hälfte des Artikels den neuen Dressen und den Geburtstag des Teamchefs widmet.

Die großen Tageszeitungen beobachten also allesamt eine gute Stimmung und konzentrieren sich auf Österreichs Stärken. Während die Qualitätsmedien den Fokus eher auf Überlegungen zu Marcel Koller legen, bringen sich die Boulevardblätter durch grundverschiedene Ansätze schon in Stellung, Ausreden zu finden.

Georg Sander, abseits.at

Georg Sander

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