Philipp Hosiner war zweifellos der auffälligste Spieler in der Herbstsaison der tipp3-Bundesliga. In 20 Spielen traf der 23-Jährige ganze 21 Mal, in den meisten... Vielseitig, abschluss- und antizipationsstark –  der Aufstieg des Philipp Hosiner

Philipp Hosiner (FK Austria Wien)Philipp Hosiner war zweifellos der auffälligste Spieler in der Herbstsaison der tipp3-Bundesliga. In 20 Spielen traf der 23-Jährige ganze 21 Mal, in den meisten Fällen waren es sogar Doppel- oder Trippelpacks, die sein Torkonto in die Höhe schraubten. Zudem verbuchte er auch noch zahlreiche Assists. Für abseits.at ein Grund sich näher mit der Spielweise und bisherigen Karriere des Burgenländers zu beschäftigen sowie einen Ausblick in die Zukunft zu wagen.

Als Philipp Hosiner am letzten Tag des Sommertransferfensters beim FK Austria Wien vorgestellt wurde fielen die Reaktionen auf FAK-Fanseite ähnlich wie bei Guido Burgstaller, der ein Jahr davor zum grün-weißen Stadtrivalen wechselte, zwiespältig aus. Seine Visitenkarte las sich nicht allzu schlecht, dennoch zweifelte man daran, dass er den damals aus einer Startkrise und äußerst schlechten Frühjahrssaison kommenden Verein kurzfristig helfen würde. Zumal die Favoritner eine Menge Geld in die Hand nahmen obwohl sie mit Roland Linz und Roman Kienast erfahrene Bundesligastürmer zur Verfügung hatten.

Vom Burgenland nach Deutschland

Die ersten fußballerischen Schritte machte Hosiner bei seinem Heimatverein, dem SC Eisenstadt, der damals noch in der Regionalliga Ost vertreten war. Später lief er für die Jugend des SV St. Margarethen auf, die er zum U-15 und U-16 Landesmeistertitel schoss. Es folgten starke Leistungen in der TOTO Jugendliga für das BNZ Burgenland, die auch den Scouts renommierter ausländischer Vereine nicht verborgen blieben.

Im Sommer 2006 wagte Hosiner schließlich den Sprung zum TSV 1860 München, dessen starke Jugendarbeit anhand der Beispiele Sven und Lars Bender, Moritz Leitner, Fabian Johnson oder Kevin Volland demonstriert sei. „Ich war von diesem Schritt überzeugt und meine Familie ist 100-prozentig hinter mir gestanden und hat mir das dann erleichtert“, erinnert sich Hosiner. Im Nachwuchs der Löwen gehörte er zum Stammpersonal und schoss unter anderem im Finale des DFB-Junioren-Vereinspokal 2007 in der 90. Minute den 2:1-Siegtreffer für sein Team.

Dennoch sollte ihm der Durchbruch zu den Profis verwehrt bleiben, obwohl der Eisenstädter auch bei den Amateuren ansprechende Leistungen zeigte und bester Torschütze des Teams war. Deshalb entschied sich Hosiner 2009 zu einem Wechsel zum SV Sandhausen. „Ich werde mich in der Mannschaft trotz der starken Konkurrenz beweisen und mich durchsetzen“, kündigte Hosiner zu Beginn siegessicher an, sollte aber enttäuscht werden.

Der damalige Drittligist startete zu jener Zeit nämlich sein Aufrüsten um in die zweite Bundesliga aufzusteigen und holte unter anderem mit Regis Dorn und Matias Cenci zwei sehr erfahrene Stürmer, die gemeinsam mit Sreto Ristic, einem weiteren bundesligaerfahrenen Angreifer, eine unüberwindbare Hürde für den 24-maligen ÖFB-Nachwuchsteamspieler darstellten. „Das Kapitel Sandhausen war für mich schnell abgeschlossen“, sagt er. „Danach wollte ich einfach nur wieder spielen, Spaß am Fußball haben.

Flügelspieler bei der Vienna

Reich an Lebenserfahrung sah sich Hosiner in Deutschland zunächst gescheitert und entschloss sich wieder nach Österreich zurückzukehren. Im Sommer 2010 heuerte er deshalb beim First Vienna FC 1894 an. Angespornt wurde er dabei von seinem langjährigen Freund Marcel Toth, der damals bei den Blau-Gelben unter Vertrag stand. Fußballerisch schien der leidenschaftliche Pokerspieler absolut das Zeug zu haben sich bei den Döblingern durchzusetzen, dennoch musste er sich auch dort vorerst den etablierten Stürmern unterordnen. So wurde er von Frenkie Schinkels zunächst auf dem Flügel eingesetzt und gehörte in einer biederen Mannschaft stets zu den besten.

Von den Anlagen her mag Hosiners Nominierung auf der Außenbahn verständlich gewesen sein, denn er ist wendig, verfügt über eine starke Technik und konnte seine Zweitliga-Gegenspieler in hohem Tempo relativ leicht überlaufen. Dennoch beschnitt man ihn dadurch seiner Stärke im Torabschluss. Unter Alfred Tatar kam Hosiner schließlich vermehrt im Sturmzentrum zum Zug und demonstrierte dort sein Torgefährlichkeit. Dank seiner Tore – 13 in 33 Spielen waren es – entging die Vienna per Relegation letzten Endes knapp dem Abstieg. Zu halten war der Tojäger für den Hauptstadtverein aufgrund der gezeigten Leistungen jedoch nicht.

Konterstürmer bei der Admira

Nach langen und intensiven Verhandlungen gelang es dem FC Admira Wacker Mödling 2011 den aufstrebenden Stürmerstar abzuwerben. Der damalige Aufsteiger entwickelte sich zum Sensationsteam, führte sechs Spieltage lang sogar die Tabelle an und schloss die letztjährige Saison auf Platz drei ab. Trainer Didi Kühbauer vertraute dabei auf ein ausgefeiltes Konterkonzept. Gegen den Ball stellte sich die Mannschaft sehr eng und kompakt auf und schaltete nach Ballgewinnen schnell um, fächerte sich dabei breit auf. Hosiner war einer der beiden Stürmer im 4-4-2 und wurde entsprechend der erwähnten Spielweise häufig mit Steilpässen hinter die Abwehr eingesetzt. So konnte er seine Schnelligkeit gegenüber den Verteidigern optimal ausspielen und erspielte sich seine bislang einzige Teamnominierung.

Spielender Stürmer bei der Austria

Den zehn Bundesligatoren in seiner Premierensaison ließ Hosiner zu Beginn der aktuellen Spielzeit für die Admira in elf Pflichtspielen neun weitere Treffer folgen – für die Verantwortlichen von Austria Wien Grund genug ihn zurück in die Bundeshauptstadt zu lotsen. „Philipp Hosiner passt meiner Meinung nach sehr gut zu uns. Wir haben einen Spieler wie ihn gesucht. Er ist schnell und versteht es, Räume auszunutzen. Er hat sich in den letzten Spielen für die Admira sehr gut geschlagen, in jedem Spiel vier bis fünf Torchancen erarbeitet. Ich glaube, dass der Wechsel auch für Philipp der richtige Schritt ist“, war etwa Austrias Sportvorstand Thomas Parits von den Qualitäten des Neuzugangs überzeugt.

Dennoch musste Hosiner auch im Zuge des dritten Wechsels innerhalb der letzten drei Jahre seine Spielweise adaptieren. Bei der Admira war sein Spiel recht einfach gestrickt, er konnte nach Umschaltmomenten seine Schnelligkeit nutzen und fand zumeist auch große Räume vor. Am Verteilerkreis muss er sich jedoch vermehrt selbst Platz verschaffen. Dass er das kann, deutete er zwar schon bei der Admira, als er sich mit kurzen Richtungsänderungen im Strafraum von seinem Gegenspieler löste (z.B. beim 2:1 in Innsbruck), musste dies aber nicht in großem Ausmaß tun.

Mittlerweile geht Hosiner nicht nur sture, vertikale Wege, sondern bearbeitet im Aufbauspiel in der Horizontalen auch die Schnittstellen der gegnerischen Abwehr um für Zuordnungskonflikte unter deren Spieler zu sorgen – ähnlich wie beispielsweise Edinson Cavani. Zudem lässt er sich als Solospitze im 4-1-4-1 auch vermehrt zurückfallen, was einige positive Effekte hervorruft. Zum einen stellt er so eine weitere Anspielstation dar, zum anderen zieht er gegebenenfalls auch einen gegnerischen Verteidiger aus dessen Position. Dadurch öffnet er in seinem Rücken Räume, in die seine Mitspieler reinstoßen können – besonders Tomas Jun macht davon häufig Gebrauch.

Dass Hosiner stark in das Aufbauspiel seiner Mannschaft eingebunden ist, zeigt die nebenstehende Statistik. Nur Salzburgs Jonathan Soriano hat pro Spiel mehr Ballkontakte, was sich aber relativiert, wenn man genauer hinschaut. Hosiner wurde häufiger ein- und ausgewechselt als der Spanier. Bezieht man also die Ballkontakte auf die Einsatzzeit liegt der FAK-Stürmer sogar marginal vorne: 0,57 zu 0,54 Ballkontakte pro Minute. Rieds Rene Gartler (0,31), Rapids Terrence Boyd (0,41) und Sturms Rubin Okotie (0,36) kommen an diese Werte nicht heran. Auch in den anderen Statistiken schneidet Hosiner auf 90 Minuten hochgerechnet am besten ab. Keiner legt mehr Torschüsse auf (2,84), keiner schließt öfter selbst ab (5,05). Nur in den Bereichen „erfolgreiche Pässe“ und „gewonnene Zweikämpfe“ führt er die Rangliste nicht an, liegt aber dennoch im akzeptablen Rahmen.

Erfolgsfaktor I: Abschlussstärke

Geht man bei den Statistiken noch mehr ins Detail wird der größte Unterschied zwischen Hosiner und den restlichen Bundesligastürmern sichtbar. Im rechten Diagramm wurde die Anzahl der Tore der Spieler über die jeweilige Anzahl an Torschüssen aufgetragen. Wie man erkennt liegen bis auf Hosiner alle genannten Bundesligaspieler unter der linearen Trendlinie, die in erster Linie von den europäischen Toptorjägern (gelb) vorgegeben wird. Dies soll weniger ein Niedermachen von Hosiners Konkurrenz sein, sondern vielmehr zeigen wie abschlussstark dieser im Vergleich mit der weltweiten Spitze ist.

Für seine 21 Saisontore benötigte er lediglich 64 Torschüsse, das heißt: jeder dritte Versuch landete im Netz des Gegners – der Topwert innerhalb der gewählten Stichprobe. Nur Lazios Miroslav Klose (3,1 Schüsse für ein Tor) kommt an diesen Wert annährend heran. Selbst Lionel Messi benötigt einen halben Schuss mehr als Hosiner, bei Cristiano Ronaldo sind es sogar fast dreimal so viele. Dies soll selbstverständlich nicht suggerieren, dass diese Spieler vor Hosiner im Kampf um den goldenen Schuh zittern müssen, sondern lediglich ein Gefühl vermitteln wie effektiv der Österreicher in der Chancenauswertung ist.

Erfolgsfaktor II: Antizipationsstärke

Damit diese Effektivität überhaupt erst schlagend wird, muss man natürlich erst in eine entsprechende Situation kommen um einen versprechenden Schuss abgeben zu können. Dies erreicht Hosiner mit einer ebenfalls für österreichische Verhältnisse herausragenden Eigenschaft: seinem Antizipationsspiel. Alleine in der bisherigen Saison nutzte er dreimal leichtsinnige Fehlpässe beim Herausspielen des Gegners aus um einzunetzen. Hosiner läuft die Gegenspieler zunächst frontal gemächlich an, steigert dann aber seine Geschwindigkeit. Im ersten Moment erscheint es dem Gegner so, als würde dadurch kaum Gefahr auf einen Ballverlust entstehen, durch den rasanten Tempowechsel geraten die Gegner allerdings unverhofft in Stresssituationen, was sie anfällig auf Leichtsinnsfehler macht.

Es ist kein Zufall, dass die drei erwähnten Tore gegen individuell schwache Mannschaften mit pressinganfälligen Einzelspielern (Innsbruck, Admira, Mattersburg) fielen. Doch es wäre zu einfach den Erfolg von Hosiner auf das Fehlverhalten der Gegenspieler zu reduzieren. Sein Spiel zeichnet sich nämlich auch durch seine Geradlinigkeit zum Tor hin aus, wie er es selbst in einem Gespräch mit dem Standard sagt: „Ich versuche, […] weniger über die Seite zu kommen, sondern den direkten Weg zum Tor zu suchen.“ Dadurch steht er zwar überdurchschnittlich oft im Abseits, nagelt aber auch seine Bewacher in der letzten Linie fest und hat im Falle eines erfolgreichen Zuspiels freie Bahn aufs Tor. Hosiner steht daher fast nie mit dem Rücken zum Tor.

Ein Beispiel – nämlich das 3:2 gegen Mattersburg –  soll dies veranschaulichen.

Man sieht hier wie weit nach hinten sich Adnan Mravac von Hosiner drängen ließ. Nachdem der Mattersburger das durch Herausrücken kompensieren wollte, es aber schlecht getimt durchführte, konnten zwei Austrianer alleine aufs Tor laufen. Das Einschieben ins leere Tor nach dem Querpass von Alexander Gorgon war für Hosiner nur mehr Formsache.

Was geht noch?

Eine solche Situation, dass Hosiner das Leder aus kurzer Distanz nur mehr über die Linie drücken muss, entsteht durchaus oft und ist auch ein Grund dafür, dass er wenige Schüsse für ein Tor braucht. In diesem Zusammenhang lobt er daher besonders häufig seine Mitspieler, die ihm den Ball mustergültig auflegen, dennoch sollte man nicht vernachlässigen, dass er sich durch erstklassige Bewegungen erst in diese günstigen Positionen freiläuft. Es sind daher vielmehr die Laufwege selbst, als die extrem hoch erscheinende Chancenauswertung, die Hosiner zu einem potenziellen neuen Legionär machen.

Auch ÖFB-Teamchef Marcel Koller wird – vorausgesetzt der aktuelle Trend bestätigt sich –  über kurz oder lang an einer Nominierung von Austrias Nummer 16 nicht vorbeikommen. Hosiner selbst scheint aus den vorlauten Ankündigungen zu SVS-Zeiten gelernt zu haben, ist optimistisch und beteuert, er werde im Falle einer Nichtberücksichtigung „nicht derjenige sein, der aufschreit. Das entspricht nicht meinem Naturell.“ Er wolle lieber mit Leistung als mit einer großen Klappe überzeugen und will seine offene Rechnung mit der deutschen Bundesliga begleichen: „Irgendwann würde ich gerne nochmal zurückgehen und mich dort durchsetzen.

Alexander Semeliker, abseits.at

Alexander Semeliker

@axlsem

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