abseits.at wirft heute einen Blick auf Thomas Müller, einen der Leistungsträger des Champions-League-Siegers, dessen Fähigkeiten lange verkannt wurden und auch heute nur schwer zu... Der Raumdeuter – Thomas Müllers viele Gesichter im Spiel des FC Bayern München

FC Bayern München Logo 2abseits.at wirft heute einen Blick auf Thomas Müller, einen der Leistungsträger des Champions-League-Siegers, dessen Fähigkeiten lange verkannt wurden und auch heute nur schwer zu beschreiben sind.

Thomas Müller, am 13. September 1989 geboren, ist ein echtes bayrisches Eigengewächs. Bereits mit zehn Jahren verließ er seinen Heimatverein, den TSV Pähl, und schloss sich dem FCB an. Jürgen Klinsmann verhalf ihm 2008 zum Profidebüt, doch erst ein Jahr später unter Louis van Gaal begann sein kometenhafter Aufstieg so richtig.

Er avancierte früh in der Saison zum Stammspieler als hängende Spitze im 4-4-1-1-System. Van Gaal vertraute ihm somit die Rolle des „Schattenstürmers“ an, die Jari Litmanen in van Gaals großer Ajax-Mannschaft bekleidet hatte. Müller schien so etwas wie van Gaals Lieblingsschüler zu sein, weshalb er schon nach kurzer Zeit erklärte: „Müller spielt bei mir immer“. Auch sein Nachfolger Jupp Heynckes nahm sich dieses Motto zu Herzen, sodass Müller nach der Saison 2011/12 102 Bundesligaspiele in Folge absolviert hatte.

Seine Aufgabe bestand darin, Tore zu schießen und in der gegnerischen Abwehr Unruhe zu stiften. Müller läuft enorm viel ohne Ball und bindet damit Gegenspieler oder zieht sie aus ihren Räumen. Insbesondere Arjen Robben profitierte in der Vergangenheit davon.

Die anschließende Fußballweltmeisterschaft schloss Müller als Torschützenkönig ab. Er besetzte die rechte Seite, wo er wunderbar mit Mesut Özil harmonierte und das Prunkstück des deutschen Konterfußballs darstellte. Das Team scheiterte im Halbfinale an Spanien, was Müller aber gelbgesperrt verpasste.

Fortan bewies Müller immer öfter seine Polyvalenz. Er fungierte nicht nur als hängende Spitze, sondern durfte sich häufig als Rechts-oder Linksaußen zeigen. In der Saison 2011/12 wurde er das Opfer der Taktik Heynckes‘, der in der Hinrunde massive Überzahlbildung auf der linken Flanke forcierte, ehe die Auswahl in der Rückrunde in rigideres Positionsspiel verfiel. Müller wurde instruiert, strikter die rechte Flanke zu halten, was seine Kreativität und zuvor erwähnte Polyvalenz teilweise unterdrückte.

In jener Saison kristallisierte sich heraus, dass Müllers Position in Zukunft primär rechts oder sogar im Sturmzentrum sein würde. Durch seine hohe Position in Kombination mit dem hohen und kompakten Pressing mancher Kontrahenten (Dortmund, Gladbach und Mainz) sowie dem starren Spiel der Flügelzange klaffte ein großes Loch im Mittelfeld des FCB. Daher gelang es nicht, Verbindungen für das Kurzpassspiel zu schaffen, zudem konterten die Gegner aus diesem Raum geschickt. Um das zu beheben, setzte Heynckes im Halbfinale der Champions League Kroos ein, weswegen Müller auf die Bank verbannt wurde.

Auch bei der Europameisterschaft durfte Müller im Halbfinale gegen Italien nicht auflaufen, woraufhin Deutschland ausschied.

In der legendären Saison 2012/13 war Müller hingegen stets mit von der Partie. Seine beste Leistung lieferte er im Halbfinalhinspiel der Champions League gegen den FC Barcelona ab, als er zwei Tore schoss, eines vorbereitete und bei einem weiteren Bayern-Treffer einen störenden Gegenspieler aus dem Weg räumte – an der Grenze der Legalität.

Müller selbst beschrieb sich sowohl als „komischen Spieler“ als auch als „Raumdeuter“. Erstere Annahme legt vor allem seine sehr wechselhafte Technik nahe. Symbolcharakter gewann die Partie gegen Schalke in der Hinrunde der letzten Saison. Er wirkte indisponiert und fiel durch zwei rätselhafte Stoppfehler auf. Doch plötzlich zeigte er sein anderes Gesicht, drehte auf und erzielte ein Tor. Obwohl er nicht der filigranste Akteur im Kader des Rekordmeisters ist, glänzt er gelegentlich mit wunderschönen Treffern. Traumtore wie gegen den AS Rom, den Hamburger SV oder den VFL Wolfsburg blieben vielen Fans in Erinnerung.

Im Offensivspiel dribbelt Müller nicht so elegant wie andere, dafür kann er sich problemlos in Kurzpasskombinationen einbinden. Seine größte Stärke liegt allerdings in seiner permanenten Bewegung ohne Ball, womit er sich und seinen Mitspielern Räume öffnet. Des Weiteren bringt er seine Laufstärke und Schnelligkeit auch defensiv ein.

Der neue Trainer Pep Guardiola bekannte sich bereits vor langer Zeit als Fan von Thomas Müller. Dementsprechend nominierte er ihn bisher immer in die Startelf. Jedoch erfüllte er verschiedene Positionen: Beim Supercup in Dortmund und bei der Bundesligapremiere gegen Gladbach fungierte er als außergewöhnlich offensiver und vertikaler zentraler Mittelfeldspieler. Zudem sah man ihn schon als Mittelstürmer, der oft auswich, um die Position der Außenstürmer zu übernehmen und Verteidiger aus der Abwehrkette zu locken. Wenn Guardiola mit einer falschen Neun agiert, könnte seine Rolle als Rechtsaußen noch besser passen. Ohne Mittelstürmer vor sich wäre viel Raum für ihn frei, um in die Spitze zu stoßen.

Egal, wo er letztlich seine Spiele bestreitet, es ist davon auszugehen, dass er unter Guardiola das Spiel der Mannschaft auf seine ureigene Art prägen wird. Sein Arbeitsethos sowie seine Spielintelligenz prädestinieren ihn für nahezu jede Konstellation.

Leonard Dung, abseits.at

Leonard Dung

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