Die längste Tradition aller besuchten Vereine hat wohl der TSV 1860 München. Dieser wurde 1848 gegründet und trat 1860 das erste Mal offiziell auf.... Groundhopper's Diary | Dynamo Dresden erwischt die Münchner Löwen auf dem falschen Fuß!

Die längste Tradition aller besuchten Vereine hat wohl der TSV 1860 München. Dieser wurde 1848 gegründet und trat 1860 das erste Mal offiziell auf. Vorher wurde im Geheimen trainiert, da Turnvereine damals als „Anstalten der moralischen Verpestung“ galten. – Nun ja, sieht man sich die Finanzgebarung so mancher Profivereine an, sind sie es zum Teil heute immer noch – wenn es auch damals anders gemeint war. Doch zurück zum Thema: 1899 wurde die Fußballsektion gegründet, welche ab 1926 im neu errichteten Stadion an der Grünwalder Straße ihre Heimspiele austrug. Die beste Zeit hatten die Sechziger nach Kriegsende. Ab 1945 spielten sie fast durchgehend in der höchsten deutschen Spielklasse und schafften 1964 den Pokalsieg, 1966 wurden sie deutscher Meister. In den siebziger Jahren begann der langsame und stetige Abstieg des Klubs. 1970 wurden sie erstmalig zweitklassig, 1981 stiegen sie schließlich – intern zerstritten und stark verschuldet – in die Bayernliga ab. Mitte der Neunzigerjahre bis 2002 folgte ein kurzes Zwischenhoch mit UEFA-Cup-Teilnahme und einer knapp verpassten Champions-League-Qualifikation, ehe das Kartenhaus 2002 wieder zusammenbrach und 2004 der neuerliche Absturz in die 2. Liga erfolgte. Seitdem wird mit wechselndem (finanziellen) Einsatz und Erfolg der Wiederaufstieg versucht. Heuer starteten sie gut in den Herbst, aktuell liegt man mit fünfzehn Punkten auf Rang sechs. Um den Anschluss an die Spitze nicht zu verlieren, sind gegen derzeit schwächelnde Dynamo Dresdner drei Punkte sicher fix eingeplant.

Dynamo Dresden wurde 1953 gegründet und nach einem Anfangsfurioso fand man sich bald in der zweiten und dritten Leistungsstufe der DDR wieder, wo der Verein auch bis Anfang der Siebzigerjahre bleiben sollte. Dann kehrte der Erfolg in Dresden ein, Dynamo wurde nicht nur in der Oberliga, der ersten Leistungsklasse der DDR, sondern auch internationaler Stammgast. Fast jedes Jahr war man im Pokal der Landessieger oder Pokalsieger zu finden, meist auch mit späteren Viertelfinal-Einzügen. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands teilte Dynamo jedoch das Schicksal der meisten Klubs aus der ehemaligen DDR, da man den westlichen Vereinen finanziell einfach nicht gewachsen war. Trotzdem hielt sich Dynamo vier Jahre in der Bundesliga, bis man wegen Lizensierungsproblemen in die dritte Leistungsstufe zwangsabsteigen musste. Die meisten Spieler verließen ablösefrei den Verein, allein was blieb waren die Schulden und so musste man ein Jahr danach den bitteren Weg in die Landesliga gehen. Dank der Treue der Fans, nachhaltiger Arbeit und konsequentem Schuldenabbau konnte sich Dynamo wieder in die 2. Liga vorarbeiten. Der Herbst 2011 begann mit einer runderneuerten Mannschaft zwar nicht so prickelnd, aktuell steht man am dreizehnten Tabellenplatz nur einen Punkt vor den Abstiegsrängen. Zwei Siegen und einem Unentschieden stehen sechs Niederlagen gegenüber. Um Ärgeres zu verhindern sollte man heute also zumindest nicht verlieren.

Die Fahrt

Der Groundhopper hatte die Fahrt nach München bereits am Vortag gemacht und in Ismaning übernachtet. Die Fahrt in die Allianz-Arena war wegen der Unkenntnis der Örtlichkeit trotzdem ein wenig problematisch, aus der veranschlagten Fahrzeit von 10 Minuten wurden dann eher 40. Das Parkhaus war gut gefüllt, gottseidank fährt der Groundhopper ein kleines Auto, sonst wäre die Suche wohl länger ausgefallen.

Das Stadion und das Spiel

Die Allianz-Arena war der Höhepunkt der Tour. Schon als der Groundhopper das Parkhaus verließ und einen ersten Blick auf das beeindruckende Bauwerk warf, kam die beeindruckende Stimmung schon ein wenig hoch. Mit viel Glück ersparte er sich das Anstellen am Ticketschalter, was wahrscheinlich eine Herausforderung gewesen wäre – hier gibt’s eindeutig Verbesserungspotential. Mitten im ärgsten Gedränge sprach ihn ein Mann an und fragte, ob er ihm eine einzelne Sitzplatzkarte abkaufen möchte, was dem Groundhopper nicht nur 6 Euro, sondern auch eine geschätzte halbe Stunde Anstellen in Hitze und Gedränge ersparte.

Kaum hatte er das Stadion betreten, hörte er schon die Schlachtgesänge der Fanblocks. Nach erfolgreichem Erwerb eines Bechers Eistee (war auch wieder ein bisschen mühsam, man kann nicht bar bezahlen, sondern braucht eine Art Wertkarte dafür) begab er sich auf seinen Platz. Die Atmosphäre war überwältigend. Obwohl auch nur zur Hälfte gefüllt, hatten doch fast 40.000 Leute den Weg ins Stadion gefunden. Es standen einander zwei gewaltige Fanblöcke gegenüber, die Chants waren mächtig und trotz gefühlter 50 Grad Celsius Gänsehaut erzeugend. Musik wurde in normaler Lautstärke gespielt und von den Blocks mit Leichtigkeit übersungen. Die ersten Pfiffe gab es, als die Mannschaften zum Aufwärmen die Arena betraten, von den jeweils gegnerischen Blöcken. Es waren auch einige „Scheiß-…….“- Chants zu hören, die Stimmung war wesentlich aufgeheizter als in den bisherigen Partien der Tour. Viel Polizei und Security zeugten auch von der Brisanz der Begegnung. Zusammenstöße gab es aber, soweit es der Groundhopper mitbekam, keine, soviel sei bereits jetzt erwähnt.

Und dann erfolgte auch schon der viel umjubelte Anpfiff. In den ersten Minuten begannen beiden Mannschaften nervös, doch Dynamo legte die Unsicherheit bald ab und trug seine Angriffe beherzt vor. Die Sechziger hingegen bauten ihr Spiel umständlich auf und waren sich teilweise selber im Weg. Nach einer Viertelstunde dann das 1:0 für Dynamo aus einem Standard, etwa fünf Minuten später fiel das schön heraus gespielte 2:0. Die Sechziger nebst ihrem Anhang waren geschockt, man hörte nur mehr den Dynamo-Block, den dafür umso lauter. Sechzig versuchte den Anschlusstreffer, lief sich aber ein ums andere Mal in der gut stehenden Dynamo-Abwehr fest. Bis auf ein paar Halbchancen sah aus dem Spiel nicht mehr heraus. Es wirkte überhaupt wenig dynamisch, was die Gastgeber boten, und so mischten sich bald Pfiffe in den wiedererstarkenden Sechziger-Support. Dynamo genügte es, die Führung in die Pause zu bringen, und so blieb es dann auch dabei.

In der Pause unternahm der Groundhopper den Versuch, einen schattigen Sitzplatz zu ergattern, allein bei dem Andrang war das leider nicht möglich (der dritte Rang der Breitseite war geschlossen). Trotzdem genoss er die beeindruckende Stimmung des Stadions. Die zweite Halbzeit begann für den Groundhopper also wie die erste in der prallen Sonne. Auch an der Charakteristik des Spiels hatte sich nicht viel geändert. Dynamo stand taktisch gut und mit britischen Tugenden, Sechzig bemüht nach vorne, Zählbares sah nicht heraus. Dann ging es schnell. Innerhalb von einer Viertelstunde schoss Dynamo zwei weitere Tore (eines nach einem grauenvollen Rückpass der Sechziger) und Sechzig schwächte sich selbst durch eine rote Karte, womit die Partie de facto entschieden war. Dynamo gab sich daraufhin lockerlässig und wurde auch prompt mit dem Anschlusstreffer bestraft. Ein Freistoß von halblinks, drei Spieler stiegen auf, keiner kam zum Kopfball und der Ball hüpft ins Tor. Eine Situation, wo der Goalie immer schlecht aussieht, in Wirklichkeit aber kaum was dafür kann. Dynamo agierte daraufhin wieder konzentrierter und hätte aus Kontern die Führung sogar noch weiter ausbauen können, Sechzig weiter mit dem Prädikat „bemüht“. So lief das Spiel mit dem einen oder anderen Aufreger dahin, ehe ein Sechziger nach einem beherzten Alleingang durchs Mittelfeld den Schlusspunkt zum 2:4 mit einem schönem Weitschusstor setzte. Die Sechziger schlichen geschlagen in die Kabine, während der Dynamo-Block entfesselt weiter sang und die Mannschaft noch bis etwa eine halbe Stunde nach dem Schlusspfiff abfeierte.

Fazit

Was für ein Erlebnis! Das absolute Highlight der Tour. Wahnsinns-Stimmung, toller Support mit wie gesagt hohem Gänsehaut-Faktor in einem innen wie außen beeindruckenden Stadion. Wie ist das erst, wenn die Bayern hier spielen? Jedenfalls ein Erlebnis, an das sich der Groundhopper noch lange erinnern wird. Unglaublich auch der Gästesektor. Von den 40.000 Besuchern die knappe Hälfte Gästefans. Und obwohl die Emotionen fast greifbar waren, kam es zu keinen unschönen Szenen, alles lief gesittet ab. Absolut empfehlenswert!

Albert Weniweger, abseits.at

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen

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