Der VfL Wolfsburg befindet sich in einer Findungsphase. Aktuell sind die Wölfe inkonstant. Sehr gute und schwächere Leistungen wechseln sich ab. Nach dem Abgang... VfL Wolfsburg in Findungsphase nach De-Bruyne-Abgang | 4-1-4-1-System die Zukunft?

VfL Wolfsburg Wappen_abseits.atDer VfL Wolfsburg befindet sich in einer Findungsphase. Aktuell sind die Wölfe inkonstant. Sehr gute und schwächere Leistungen wechseln sich ab. Nach dem Abgang Kevin De Bruynes und dem Kauf Julian Draxlers haben sich nämlich die Vorzeichen geändert, was auch eine Systemfrage aufwirft.

Was bedeutet der Abgang De Bruynes?

De Bruyne war nicht nur ein herausragender und außerordentlich kreativer Zehner, sondern ein extrem defensivstarker, arbeitsamer und polyvalenter Mittelfeldspieler. Im Pressing konnte De Bruyne den Mittelstürmer unterstützen und ein 4-4-2 herstellen, nur um im nächsten Moment sofort rückwärts zu pressen und die Doppelsechs zu unterstützen. Dadurch entstanden 4-4-1-1-Staffelungen, indem De Bruyne Rückpässe für den Gegner versperrte und dadurch den Druck noch erhöhte. Desweiteren konnte De Bruyne auch zusammen mit einem aufrückenden Sechser pressen, was 4-1-4-1-Pressingstaffelungen erzeugte.

In Ballbesitz war es dank De Bruyne möglich, auch in engen Situationen den Ball zu behaupten. Obwohl die Wölfe häufig unsaubere Staffelungen in der Ballzirkulation hatten, konnte De Bruyne diese mithilfe seines tollen Bewegungsspiels, seiner Dribblings und seiner Pässe korrigieren oder egalisieren. Immer wieder fand er den Weg durch enge Abwehrreihen und konnte gefährliche Angriffe kreieren.

Auch bei weiträumigen Konterangriffen war De Bruyne enorm wichtig. Er bot sich intelligent an, fand offene Räume und konnte mit dem Ball am Fuß weite Räume machen, auch an einem Gegner vorbeilaufen und neben Kurzpasskombinationen ebenfalls geschickte, lange Bälle spielen. Besonders beim 4:1-Sieg gegen die Münchner Bayern zu Beginn der Rückrunde war dies sehr auffällig.

Mit De Bruyne verloren die Wölfe nicht nur ihren individuell besten Spieler, sondern den vermutlich auch für das Kollektiv wichtigsten Akteur. Sein Ersatz hat nämlich eine ganz andere Verteilung seiner Stärken und Schwächen.

Die Fähigkeiten Draxlers

Im Vergleich zu De Bruyne bringt Julian Draxler beispielsweise nicht ganz das außerordentliche Niveau in puncto Bewegungsspiel, Passspiel und Fähigkeiten in Engräumen mit. Draxler bewegt sich oftmals unpassend zu seinen Mitspielern, läuft sich nicht passend frei, spielt gelegentlich unsaubere Pässe und verliert unter Druck deutlich mehr Bälle. Deswegen ist Draxler schlichtweg nicht im Stande einen Zehner wie De Bruyne zu geben, der sowohl defensiv als auch offensiv technisch wie taktisch auf Weltklasseniveau agiert.

Das ist natürlich keine Schande – und Draxler hat seine ganz eigenen Stärken. Nur wenige Fußballer sind z.B. im Stande sich trotz einer Größe von über 1.85m schnell an einem Gegenspieler vorbeizugehen und direkt zu einem Abschluss zu kommen. Desweiteren verfügt Draxler über einen guten Schuss, insbesondere aus der Distanz ist er klar überdurchschnittlich.

Bei den Schalkern spielte Draxler oftmals als linker Flügelstürmer, der in den Halbraum rückte, dort den Ball behauptete und mit seinen kurzen Dribblings zu Abschlüssen nahe am Strafraum und aus relativ zentraler Position kam. Außerdem mussten die Gegner auf Draxler herausrücken, um mögliche Abschlüsse zu blocken oder den Mitspieler abzusichern und Draxler zu doppeln, was Räume für Draxlers Mannschaftskollegen öffnete.

Dennoch muss sich Draxler beim Stellungsspiel und in der Defensivarbeit noch verbessern. Das Potenzial ist da; und ein System könnte hierbei von besonderer Wichtigkeit werden.

Wieso das 4-1-4-1 so wichtig sein könnte

Gegen die Hertha, gegen Hannover und auch gegen ZSKA spielte Heckings VfL Wolfsburg mit einer überaus interessanten Ausrichtung und Aufstellung. Sie starteten in einem 4-1-4-1, was es natürlich schon häufiger unter Heckings Ägide gab. Wie schon erwähnt agierten sie ein paar Mal mit De Bruyne als Achter in der Arbeit gegen den Ball. Hier rückte aber meistens schlichtweg ein Sechser eine Ebene höher, um die Mittelfeldstaffelung des Gegners zu spiegeln und einfacher mit Mannorientierungen arbeiten zu können.

Diese Saison sah das 4-1-4-1 bisweilen aber ganz anders aus. Es waren nicht zwei Sechser und ein defensivstarker Zehner, sondern der eigentliche Mittelstürmer Max Kruse und eben der schon erwähnte Draxler – nominell eine hängende Spitze oder ein linker Flügelstürmer –, welche vor einem alleinigen Sechser die Doppelacht bildeten. Mit Guilavogui und Luiz Gustavo haben die Wölfe gleich zwei Akteure, welche als Sechser hinter Kruse und Draxler auflaufen können.

Gemeinsam können sich Kruse und Draxler die Zehnerrolle aufteilen. Beide sind dribbelstark, dynamisch und haben viel Zug zum Tor, gleichzeitig können sie gemeinsam jene Eigenschaften kompensieren, die ihnen im Vergleich zu De Bruyne fehlen.

Auch in Anbetracht der restlichen Spieler im Kader ist dieses System ungemein interessant. Bas Dost ist nicht so beweglich und spielstark als Stürmer wie es Kruse wäre, zeigt aber ein tolles Stellungsspiel im Strafraum und bringt sich dadurch in gute Abschlusspositionen. Er kann Tiefe geben und Räume hinter sich für Kruse und Draxler schaffen. Mit diesem System und dieser Ausrichtung schafft man die Möglichkeit alle drei Spieler aufzustellen.

Daniel Caligiuri und Andre Schürrle sind passende Flügelstürmer, die Breite geben und ebenfalls tororientiert agieren können. Sie bringen hohe defensive Aktivität und gute Fähigkeiten im Dribbling mit, wodurch Wolfsburg extremen Druck und Durchschlagskraft erzeugen kann. Auch die Außenverteidiger Sebastian Jung und Vieirinha auf rechts und der angehende Weltklasseverteidiger Ricardo Rodriguez auf links sorgen für enorme Durchschlagskraft. Mit Maxi Arnold haben sie eine weitere Ergänzung für die Achterpositionen und für den Flügel, die etwas mehr Balance und Defensive mitbringt, ohne an technischer Qualität zu verlieren.

Allerdings haben sie in dieser Ausrichtung natürlich auch gewisse Probleme. Die defensive Stabilität ist nicht immer gegeben, weil Draxler und Kruse gelegentlich ihre Position zu weit verlassen und nicht ordentlich gegenpressen können oder auch im regulären Pressing Räume öffnen. Dies könnte sich mit der Rückkehr Luiz Gustavos verändern, der hier noch etwas stärker ist als Guilavogui, der in den letzten Wochen meist diese Rolle einnahm. Ansonsten können die beiden auch gemeinsam agieren.

Die Alternative: Das 4-2-3-1 und das 4-4-1-1

Andererseits könnte Hecking auch weiterhin in einem 4-2-3-1 agieren. Draxler könnte hier als Zehner agieren, während Schürrle über den linken Flügel für zusätzliche Durchschlagskraft sorgt. Kruse oder Dost würden auf der Position als Mittelstürmer rotieren. Im 4-4-1-1 würde vermutlich Kruse hinter Dost auflaufen und Schürrle mit Draxler (auf links) das Flügelstürmerpärchen bilden.

Auch das hat seine Vorteile; eine simplere Defensivstruktur, eine klarere Aufgabenverteilung und viele Rotationsmöglichkeiten. Guilavogui und Gustavo würden demnach die Doppelsechs geben mit Arnold anstatt Guilavogui als Option für eine kreativere, offensivere zweite Sechs.

Wofür sich Hecking letztlich entscheiden wird, ist noch unklar. In den letzten Wochen pendelte er zwischen diesen beiden System und unterschiedlichen Aufstellungen. Erst die Rückkehr aller Stammspieler und eine passende Form werden darüber Aufschluss geben.

René Maric, www.abseits.at

Rene Maric

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