So spannend wie schon seit 20 Jahren nicht mehr präsentiert sich die deutsche Bundesliga aktuell. Bayern München, Borussia Dortmund und Schalke 04 bilden mit... Zahlen und Fakten – die deutsche Bundesliga im statistischen Vergleich

So spannend wie schon seit 20 Jahren nicht mehr präsentiert sich die deutsche Bundesliga aktuell. Bayern München, Borussia Dortmund und Schalke 04 bilden mit je 40 Punkten die Troika an der Spitze, Borussia Mönchengladbach liegt nur einen Zähler dahinter auf Platz vier. Doch spiegelt sich dieser Zwischenstand auch in der Statistik wider? Wer hat die effektivste Offensive? Welche Hintermannschaft verteidigt am wirkungsvollsten? abseits.at nimmt die Statistiken der Erstligisten genauer unter die Lupe.

In der Saison 1991/92 war es zuletzt der Fall, dass drei Mannschaften an der Spitze punktegleich der Konkurrenz davoneilten. Noch vor dem letzten Spieltag besetzten damals Eintracht Frankfurt, der VfB Stuttgart und Borussia Dortmund mit je 50 Punkten die ersten drei Tabellenplätze. Meister wurden damals, dank des besseren Torverhältnisses, die Schwaben vorm BVB und der Eintracht, die mit einer 1:2-Niederlage bei Hansa Rostock vom ersten auf den dritten Rang zurückfiel. Ein ähnliches Meisterschaftsfinish wünschen sich wohl nicht nur Fußballfans deutscher Mannschaften auch heuer.

Früher vs. heute

Vergleichen kann man die beiden Szenarien aber kaum, selbst anhand der Statistik ist dies nur bedingt möglich. Damals umfasste die Bundesliga nämlich noch 20 Mannschaften, die sich im Gegensatz zur heutigen Zeit um zwei statt drei Punkte pro Spiel stritten. Es wird zwar oft behauptet, dass die Einführung der Dreipunkteregel eher defensive denn offensive Auswirkungen gehabt hätte, im vorliegenden Fall stimmt diese Behauptung jedoch nicht. Während 1991/92 jede Mannschaft nach dem 19. Spieltag im Schnitt 25,9 Mal das Leder im Tor des Gegners unterbrachte, sind es in der laufenden Spielzeit 1,3 Treffer mehr. Auch der Schluss die Liga sei zwar ausgeglichen, jedoch auf weit niedrigerem Niveau, lässt sich nur bedingt ziehen. Zwar liegt die aktuelle Marke von 40 Punkten unter dem Durchschnitt der zehn vorangegangen Saisonen (42,7), ist aber angesichts der Tatsache, dass dieser Zeitraum die Rekordsaison 2005/06 der Bayern sowie jene des BVB 2010/11 – 50 bzw. 47 Punkte nach der 19. Runde – absolut im Rahmen und lässt sich zugunsten der Ausgeglichenheit und Spannung gern in Kauf nehmen.

Offensive

Diese spiegelt sich vor allem in folgender Grafik wider, die die Anzahl der Schüsse, die ein Team durchschnittlich während eines Spiels abgibt, mit den erzielten Toren ins Verhältnis setzt.

 

 

 

 

 

 

 

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Mannschaften, die sich im rechten oberen Quadranten wiederfinden machen genau das, was Zuschauer gerne sehen wollen. Sie schießen überdurchschnittlich oft aufs Tor und sind dabei oft erfolgreich. Dies trifft ausschließlich auf die Top vier, vor allem auf Borussia Dortmund und den FC Bayern München zu. Neben der Anhäufung an Teams rund um die Durchschnittswerte fällt besonders ein Datenpunkt auf – nämlich jener des 1. FC Kölns. Die Domstädter geizen zwar mit Torschüssen, können aber die höchste Erfolgsquote erzielen. Beinahe jeden fünften Schuss bringen Podolski & Co. im Kasten des Gegners unter. Das Konzept Stale Solbakkens in der Defensive konzentriert und eng zu stehen um über Konter effektiv zuzuschlagen greift also zumindest im Angriffspiel. Ganz und gar nicht effektiv präsentiert sich der 1. FC Kaiserslautern. Die Abschlussschwäche der Pfälzer kann auch nicht durch die Statistik relativiert werden. Von etwas mehr als 13 Schüssen platzieren die Akteure vom Betzenberg nicht mal sechs Prozent in den Maschen und mussten ob dieser Faktenlage schon den einen oder anderen TV-Schmähungsbeitrag über sich ergehen lassen.

Defensive

Weiter gestreut verhält sich die Gegenüberstellung der Schüsse, die die 18 Bundesligisten zuließen, und der daraus resultierenden Gegentore.

 

 

 

 

 

 

 

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Die Darstellung bleibt aus Zuschauersicht die gleiche: je weiter oben rechts ein Verein platziert ist, desto mehr „Action“ bietet er. Aus der Perspektive der Mannschaften ist jedoch das linke untere Eck das angestrebte Ziel – wenige Chancen zulassen, aus denen wenig Gegentore resultieren. Auch hier befinden sich vorrangig Teams, die in der Tabelle weit oben positioniert sind. Den beiden Borussen kann man also nicht nur aufgrund der absoluten Zahlen, sondern auch auf Basis dieser Auswertung eine sehr gute Defensivarbeit attestieren. Der FC Bayern liegt auch im erwarteten Bereich, steht im Vergleich zu den anderen Mannschaften allerdings längst nicht so gut dar wie es die Tabelle vermuten lässt. Aufgrund der offensiven Ausrichtung und der Tatsache, dass der Rekordmeister in beinahe jeder Begegnung das Spiel mach muss, ließ man zwar die wenigsten Schüsse zu, von denen jeoch gut neun Prozent den Weg in Neuers Tor fanden. Dass auch Hoffenheim in der gleichen Box zu finden ist, mag auf den ersten Blick etwas verwundern, wirft man einen weiteren auf die Tabelle ist man weniger überrascht. 22 Gegentore bedeuten den viertbesten Wert der Liga. Warum die SAP-Truppe trotzdem nur im Mittelfeld platziert ist, steht im unmittelbaren Zusammenhang zum ersten Diagramm. Konnte man dort noch mit einer guten Platzierung des 1. FC Kölns rechnen, wird einem aber an diesem Punkt auch klar, warum die Geißböcke stark abstiegsbedroht sind. Knapp 16 zugelassene Schüsse pro Spiel führten zu 40 Gegentore – nur der SC Freiburg kassierte mehr. Dass das Schlusslicht aus dem Breisgau die Schießbude der Liga ist, wird durch die obenstehende Grafik untermauert.

Torjäger

Nachdem nun die Datenbank hinsichtlich der mannschaftlichen Offensiv- und Defensivdarbietungen untersucht wurde, sollen im Folgenden weitere individuelle Statistiken angeführt und erläutert werden. Den Beginn machen die Torjäger. Acht Spieler haben in der laufenden Saison zehn oder mehr Treffer für sich verbuchen können.

 

 

 

 

 

 

 

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Erneut wird das Diagramm in vier Teile, gemäß den Durchschnittswerten der acht Angreifer, geteilt. Dass dabei je vier Spieler ober- und unterhalb der horizontalen Grenzlinie liegen zeigt, dass sich die 107 Tore gleichmäßig aufteilen. Allerdings liegen nur zwei der analysierten Spieler im angestrebten rechten oberen Quadranten. Sowohl Bayerns Mario Gomez als auch der königsblaue Klaas Jan Huntelaar weisen dabei die typtischen Symptome des klassischen Torjägers auf. Beiden haben zwar relativ wenig Ballkontakte, suchen aber oft den Abschluss und sind dabei sehr erfolgreich. Über 70 Prozent der Schüsse, die vom Niederländer abgegeben werden, muss man als Torhüter parieren. Gladbachs Marco Reus ist mit 70 Schüssen der eifrigste Schütze, allerdings auch der unsicherste. Die interessanteste Personalie ist aber Mohammed Abdellaoue. Der Norweger, der für Hannover 96 stürmt, gilt als Lebensversicherung der Niedersachsen und erzielte mehr Tore als seine übrigen Mannschaftskollegen zusammen. Unter den Spielern, die „unterdurchschnittlich“ viel Treffer verbuchten, ist er der einzige, der eine Schussgenauigkeit jenseits der gelben Markierung aufweisen kann. Mit 63 Prozent liegt er sogar noch knapp vorToptorjäger Mario Gomez. Die herausragenden Abschlussqualitäten des 26-Jährigen werden durch die nächste Grafik noch eindeutiger.

 

 

 

 

 

 

 

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Diesmal betrachten wir den Quotienten aus Tore durch Torschüsse, also wie viel Versuche der Schütze tatsächlich im Netz unterbrachte. Neben Abdellaoue zeigt nur Lukas Podolski eine Verbesserung gegenüber obiger Gegenüberstellung. Der 26-jährige FC-Angreifer schiebt sich mit 32 Prozent verwandelter Schüsse zwischen Gomez und Huntelaar vor. Kein anderer Spieler ist für seinen Verein hinsichtlich der Torausbeute wichtiger: Für 15 von 28 Saisontoren, also 54 Prozent, ist „Prinz Poldi“ verantwortlich. Umso bitterer ist es für die Geißböcke, dass er in den kommenden Wochen verletzt ausfällt.

Abfangjäger

Als nächsten wollen wir uns wieder dem defensiven Bereich des Spiels wenden und einen Blick auf die abgefangenen Bälle, in der Folge Interceptions genannt, werfen. Im modernen, schnellen Fußball ist es immens wichtig stets auf den Beinen zu bleiben und erst in äußersten Notfällen zur Grätsche zu greifen. Deshalb haben Interceptions mittlerweile einen sehr hohen Stellenwert.

 

 

 

 

 

 

 

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Angeführt wird die Rangliste vom FC Schalke 04. Die Datenbank zählt pro Spiel knapp 30 Interceptions des aktuellen Tabellendritte, der damit auch den europaweiten Vergleich nicht scheuen muss und auf Platz 14 des kontinentalen Rankings kommt. Ebenfalls unter den besten 20 findet man dort Bayer Leverkusen. Der Spieler, der den Gegnern den Ball öftesten vor der Nase wegschnappt trägt wenig überraschend ein königsblaues Jersey. Mit 4,6 Interceptions pro Spiel führt Schalkes Joel Matip die Liste der besten Abfangjäger hauchdünn vor Teamkollege Benedikt Höwedes (4,5) an. Dahinter liegt mit Martin Stranzl erfreulicherweise ein Österreicher. Der Abwehrstratege kommt auf 4,2 Interceptions je 90 Minuten. Überraschender ist da schon, dass Borussia Dortmund trotz seines intensiven und zweifelsfrei guten Pressings nur Vorletzter ist. Die Erklärung: der deutsche Meister kommt über die Zweikämpfe und provoziert so den Ballverlust der gegnerischen Mannschaft.

Die bösen Buben

Dass die Jungs von Jürgen Klopp ein sehr zweikampfintensives Verhalten an den Tag legen ist auch im nachstehenden Diagramm ersichtlich. Primär soll es aber Auskunft über die intensiven Zweikämpfe (Tacklings) im Verhältnis zu den dafür verhängten Fouls geben.

 

 

 

 

 

 

 

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Ein letztes Mal wird der Graph in vier Bereiche aufgeteilt, wobei die Teams rechts unten das schlechteste Tackling-Foul-Verhältnis haben. Zwar kommen sowohl Kaiserlautern als auch Wolfsburg auf 19,3 Fouls pro Spiel, der VfL bestreitet aber mehr Zweikämpfe – nämlich 25,1 und damit die drittmeisten ligaweit. Nur Mainz 05 und Borussia Dortmund weisen einen höheren Wert auf. Gemäß der obigen Abbildung könnte man den BVB durchaus als fairstes Team der Bundesliga bezeichnen. Zwar foulen die Schwarzgelben marginal öfter als die Namensvetter vom Niederrhein, hängen in der Karten-Wertung jedoch alle anderen Konkurrenten ab. Lediglich 19 Mal sahen Akteure des Ruhrpott-Klubs eine gelbe Karte, zweimal wurden sie vorzeitig vom Platz geschickt. Am Ende dieser unrühmlichen Liste steht der FC Köln, auf dessen Spieler so mancher Sammelkartenliebhaber neidisch werden könnte. Sagenhafte 43 Mal sah ein Schützling von Stale Solbakken Gelb, immerhin viermal Rot. Genausooft bekamen auch Werder Bremens Kicker die Ampelkarte zu sehen, einer von ihnen ist Marko Arnautovic.

axl, abseits.at

Alexander Semeliker

@axlsem

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