Neben der heimischen tipico-Bundesliga und der deutschen Eliteliga ist wohl keine Spielklasse für Marcel Koller derart interessant wie die 2. deutsche Bundesliga. Schließlich tummeln... „Zettel-Ewald“ is back – Lienen soll St.Pauli retten

stpauliNeben der heimischen tipico-Bundesliga und der deutschen Eliteliga ist wohl keine Spielklasse für Marcel Koller derart interessant wie die 2. deutsche Bundesliga. Schließlich tummeln sich dort in zahlreichen Klubs (potentielle) Nationalteamakteure, denen es genau auf die Beine zu schauen gilt. Auch in der 41. Saison reißt der Boom rund um die Liga nicht ab, die extrem ausgeprägte Ausgeglichenheit verleiht der 2. deutschen Bundesliga ihren Reiz.

Lienen feiert Comeback als Trainer in Deutschland

Zuletzt stand der mittlerweile 61-Jährige bei Otelul Galati in Rumäniens höchster Spielklasse unter Vertrag. Er kam als Feuerwehrmann, übernahm den Klub in Abstiegsgefahr und führte ihn letztlich ins gesicherte Mittelfeld auf Rang 10 – er erfüllte seine Mission somit erfolgreich. Die Bilanz fällt mit acht Siegen, drei Remis und 11 Niederlagen, insbesondere in Anbetracht der Umstände, durchaus passabel aus. Ein länger andauerndes Engagement zerschlug sich allerdings aufgrund von Auffassungsunterschieden mit den Vereinsverantwortlichen, deren Vorstellungen mit jenen von Lienen unvereinbar waren. Seit seiner Zeit bei Panionios Athen wirkte er bei all seinen weiteren Stationen nur für kurze Zeit, meist war nach einer Halbsaison schon wieder Schluss,. In Deutschland trainierte der gebürtige Westfale u. a. den 1. FC Köln, mit dem er in der Saison 1999/00 den Titel in der 2. deutschen Bundesliga errang, Borussia Mönchengladbach und Hannover 96. Bei den Münchner „Löwen“ schwang er ebenso schon das Zepter, wie bei seiner bislang letzten Trainertätigkeit in Deutschland: in der Spielzeit 2010/11 betreute er die Arminia aus Bielefeld.

Eigenwillige Personalrochade auf St. Pauli Lienen soll schmerzlich vermisste Stabilität bringen

Zeitgleich mit der Bestellung Lienens zum Chefcoach traf man die Entscheidung, dass Thomas Meggle nun die sportlichen Geschicke leiten und zukünftig den Posten des Sportdirektors bekleiden wird. Der bisher für diese Belange Verantwortliche, Rachid Azzouzi, musste seinen Hut nehmen. In gewisser Weise ist in dieser Entscheidung wohl auch ein Eingeständnis zu sehen, dass die Kaderplanungen nicht den Ansprüchen und den Erwartungen des Kultklubs entsprachen. Dies ist vermutlich zu Teilen aber auch dem kostenintensiven Stadionumbau geschuldet. Die Tatsache, dass Neuzugänge und Hoffnungsträger wie Enis Alushi und Ante Budimir nicht wie erhofft einschlugen, Ersterer wurde im Laufe der Hinserie immer wieder von Verletzungen zurückgeworfen, lässt sich nicht von der Hand weisen.

Das Hauptproblem der „Kiezkicker liegt allerdings ohne jeden Zweifel im defensiven Bereich. 38 Gegentreffer in 18 Matches – setzt sich dieser Trend fort, wird das definitiv zu viel sein, um die Klasse zu halten. Diese große Anzahl an Verlusttreffern macht St. Pauli zur unbestrittenen Schießbunde der Liga, der Aufgabe die Defensive zu stabilisren, wird höchste Priorität zukommen. Der Torwartwechsel von Tschauner auf Himmelmann verlieh der Defensive keine wirkliche Sicherheit, St. Pauli fängt sich schlicht und einfach zu viele Tore, und stellt sich in der Rückwärtsbewegung nur allzu oft dilettantisch an.

Lienen, der als akribischer Arbeiter gilt, könnte durchaus der richtige Mann für die Behebung dieser Probleme sein. In Rumänien gelang es den Gegentorschnitt unter seiner Regie beträchtlich zu senken, darin lag der Schlüssel für die Trendwende: unter „Zettel-Ewald“ reduzierte sich der durchschnittliche Wert an kassierten Toren pro Spiel von 1,92 auf 1,35. Einen ähnlich durchschlagenden Effekt erhoffen sich die Verantwortlichen des FC St. Pauli.

Niederlage gegen Ingolstadt zum Start der Rettungsmission Meggles Qualitäten als Sportdirektor gefragt

Das Debüt des neuen Übungsleiters verlief nicht nach Wunsch und wurde mit dem 1:2 bei Leader Ingolstadt verpatzt. Doch es ist weniger das Resultat, das Anlass zur Sorge gibt, vielmehr lässt die blutleere und mutlose Vorstellung einige Fragen offen. Über weite Strecken der Partie war nicht zu erkennen, dass die Veränderung auf der Kommandobrücke einen Ruck durch die Mannschaft gehen ließ, die Mannschaft wirklich alles in die Waagschale warf, um zu reüssieren. Die „Kiezkicker wachten zu spät auf und präsentierten sich unmittelbar nach dem zwischenzeitlichen Ausgleich schlafmützig. So währte die Freude Lienens über das 1:1 gerade einmal 101 Sekunden, ehe der Spitzenreiter die alte Ordnung wiederhergestellt hatte. Die Schlussoffensive brachte schließlich nichts Zählbares mehr ein, St. Pauli stand – einmal mehr in dieser Spielzeit – am Ende mit leeren Händen dar.

Die Verunsicherung hat sichtlich ihre Spuren in der Mannschaft hinterlassen, es kommt viel Arbeit auf den Neo-Coach zu. Dieser sehnt vermutlich die Winterpause herbei. Lienen wird alles daran setzen, den Hamburgern ein klareres Defensivkonzept zu verpassen, hinsichtlich der Offensive wird der Fokus vermutlich auf das schnelle Umschalten und den Konterangriff gelegt werden.

Die Übertrittszeit eröffnet zudem bis Ende Jänner die Option, etwaige Verfehlungen und Versäumnisse aus dem Sommer auszumerzen, auf dem Spielersektor entsprechend nachzujustieren. Meggle steht in der Pflicht, das Vertrauen des Vereins zu rechtfertigen. Er muss zeigen, dass er als Sportdirektor ein besseres Händchen hat, als während seiner Trainertätigkeit und nicht nur ein (kostengünstiger) Notnagel für diesen Posten ist. Fraglich bleibt natürlich, welch finanzielle Mittel den Braun-Weißen zur Verfügung stehen, um personell zu reagieren. Natürlich wird bis zum Rückenrundenauftakt der eine oder andere Rekonvaleszente zurückkehren und die angespannte Personalsituation sich dadurch etwas entspannen.

Sechs-Punkte-Spiel gegen Aalen vor der Brust und die Chance die Rote Laterne abzugeben

Vor der Winterpause bekommt es der Kultklub noch mit dem VfR Aalen zu tun, am heimischen Millerntor steht ein echtes Kellerduell auf dem Programm. St. Pauli hat mit einem vollen Erfolg und bei entsprechenden Ergebnissen der Konkurrenz die Möglichkeit, die Rote Laterne weiterzureichen und die Lücke zu den Schwarz-Weißen von der Ostalp zu schließen. Diese wiederum würden bei einem Sieg ihrerseits bereits einen nicht unerheblichen Polster von sieben Punkten auf St. Pauli aufweisen und sich merklich Luft im Abstiegskampf verschaffen.

Es steht sehr viel auf dem Spiel, „Verlieren verboten!“ lautet die Devise der Lienen-Elf. Ansonsten brennt schon zwei Tage vor Weihnachten der Baum…

David Kühhas, abseits.at

David Kühhas

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