„The Hoff“ hat einen neuen Verein. Der 31-jährige Stefan Maierhofer heuerte bis zum Saisonende beim FC Millwall und damit seiner dritten Station in England... In der Höhle des Löwen: Wie erfolgsversprechend ist die Beziehung Maierhofer-Millwall?

Stefan Maierhofer„The Hoff“ hat einen neuen Verein. Der 31-jährige Stefan Maierhofer heuerte bis zum Saisonende beim FC Millwall und damit seiner dritten Station in England an. Bereits am Wochenende kam der „Lange“ zu seinem ersten Einsatz für die „Lions“. Kann der wuchtige Stürmer sich endlich auf der Insel durchsetzen oder wird auch Maierhofers Millwall-Gastspiel zur Lachnummer?

Gut kam Stefan Maierhofer im Mutterland des Fußballs bisher nicht weg. In seinem ersten Spiel für die Wolverhampton Wanderers im September 2009 traf Maierhofer – danach passierte gar nichts mehr. In 13 Spielen für die Wolves und Bristol City blieb dies sein einziger Treffer. Die Fans verschmähten den 202cm-Mann, bezeichneten ihn als einen der schlechtesten Spieler, den sie jemals sahen. Die Wolves-Fans betonten zum Beispiel auch, dass man einen Stürmer suchte und keinen Koch. Aber das war für Maierhofer bekanntlich nie ein Hemmschuh. Der Gablitzer definierte sich stets durch andere Tugenden.

Maierhofer’sche Tugenden

Der innerliche Zwang niemals aufzugeben, ein übernatürliches Selbstvertrauen und Torjägerqualitäten, die man vielleicht auf den ersten Blick oder im Aufbauspiel seiner Mannschaften kaum sieht. Das sind die nicht zu verachtenden Faktoren, wegen denen Maierhofer so viel aus seinem überschaubaren Talent machte. Typen wie er sind in England gefragt, gerade wenn es gegen den Abstieg geht, wie aktuell für den FC Millwall. Von den letzten 18 Pflichtspielen gewannen „The Lions“ nur zwei. Im heimischen „The Den“, gerne als „Höhle des Löwen“ bezeichnet, ist man schon seit fünf Spielen sieglos. Die Hilflosigkeit des Klubs sieht man auch daran, dass Maierhofer nach kürzester Zeit mit der Mannschaft bereits die gesamte zweite Hälfte im Ligaspiel gegen Charlton Athletic (0:0) mitmachen durfte.

Millwall und seine Hooligans

Millwall spielte zwar noch nie in der Premier League, ist aber für seine fanatischen Fans bzw. die Hooligan Firm „Millwall Bushwhackers“ berüchtigt. Vor allem in den 70er- und 80er-Jahren waren Spiele gegen Millwall gefürchtet, weil das Londoner Team, das seine Fans traditionell in den unteren Gesellschaftsschichten fand, ein gefährliches „Match-Day-Drumherum“ garantierte. Um die glühende Rivalität mit West Ham United weiß jeder auf der Insel Bescheid und im Jahr 2009 kam es letztmalig zu gewalttätigen Ausschreitungen, als die beiden Teams im League Cup aufeinandertrafen. Aktuell liegt die Mannschaft auf dem 21. von 24 Rängen in der zweithöchsten englischen Spielklasse. Der berühmteste Schlachtgesang der Millwall-Fanbase ist ebenfalls europabekannt: „No one likes us, no one likes us, no one likes us, we don’t care. We are Millwall, super Millwall, we are Millwall from The Den”.

Es wurde ruhiger im “The Den”

Heutzutage ist es im und ums “The Den” wesentlich ruhiger. Beobachter und Besucher bezeichnen die aktuellen „Zustände“ rund um die Fanszene des FC Millwall als Kindergeburtstag im Vergleich zu einst. Auch die sportliche Situation trägt ihren Teil dazu bei, denn der Verein pendelt seit der Jahrtausendwende zwischen zweiter und dritter Leistungsklasse. Der größte Erfolg der Vereinsgeschichte liegt zehn Jahre zurück: Damals musste sich Millwall im FA-Cup-Finale Manchester United mit 0:3 geschlagen geben. Weil sich die Red Devils aber für die Champions League qualifizierten, zog Millwall in den UEFA-Cup ein, wo schon in der ersten Runde gegen Ferencvaros Budapest Endstation war.

Traditionsverein ohne große Erfolge

Glanzvoll präsentiert sich die jüngere Vergangenheit des 1885 gegründeten Klubs aus dem Südosten Londons also nicht. Dennoch haben die Fans hohes Begeisterungspotential und gelten als extrem treu. Jeder neue Spieler wird genauestens beäugt und Stefan Maierhofer ist der neue Mann auf dem Radar der Fans. Die Tugenden, die Maierhofer mitbringt, haben das Potential ihn zu einem Kultspieler bei den Blau-Weißen zu machen. Aber kann er dem abstiegsgefährdeten Traditionsverein, der von schottischen Fabrikarbeitern gegründet wurde, auch spielerisch und vor allem mit Toren helfen?

Taktisch nicht gerade erfinderisch

Das von Millwall praktizierte Spiel ist als Mischung aus altmodisch und very british zu bezeichnen. Die Mannschaft wird von ihrem Trainer Ian Holloway ausschließlich in einem 4-4-2 bzw. einem 4-4-1-1 ins Rennen geschickt und operiert mit zahlreichen hohen Bällen. Die Zweikampfrate der Millwall-Elf an den Flügeln ist überdurchschnittlich hoch – die Flügelspieler Millwalls suchen in der Offensive Fouls am Flügel und damit ihr Glück in Standardsituationen. Spielerisch beschreiben die eigenen Fans ihre Mannschaft aktuell aber als „grottenschlecht“.

8 erzielte Tore in den letzten 17 Spielen

Das Qualitätsproblem, das die No-Name-Truppe hat, wäre keines, wenn man es wenigstens schaffen würde, mehr Tore zu erzwingen. In den letzten 17 Spielen erzielte Millwall gerade mal acht Treffer, nie mehr als eines pro Spiel. Der Hauruck-Fußball, den die Holloway-Truppe Woche für Woche praktiziert, kommt dem vorhandenen Spielermaterial nicht entgegen. Der australische Stürmer Scott McDonald, einst Topscorer von Celtic Glasgow und auch in den letzten Jahren beim FC Middlesbrough ein verlässlicher Torschütze, hängt völlig in der Luft und bekommt nicht die Bälle, die er braucht. Wenn Millwall das starre 4-4-2-System weiternützt, wovon auszugehen ist, wäre Maierhofer eigentlich der Spielertyp, den die sonst eher kleingewachsene, laufspielorientierte Millwall-Offensive bräuchte.

Kein klassischer Stammspieler

Eine Variante mit Maierhofer als Speerspitze in einem 4-4-1-1 und dem ebenfalls physisch starken Waliser Steve Morison als spielenden Angreifer dahinter, wäre durchaus denkbar, würde aber sicher auf Kosten der Torgefährlichkeit Morisons gehen. Betrachtet man seine Statistik 2013/14 (sechs Tore in 32 Spielen) wäre das für Millwall aber vermutlich verkraftbar. Eine Konstellation mit beiden als klassische Angreifer wäre wohl zu offensiv bzw. würde ein zu großes Loch im Mittelfeld hinterlassen. Maierhofer hat mit Ausnahme Morisons keine klassischen Konkurrenten im aktuellen Millwall-System, was allerdings kein Garant für Einsätze ist. Der Niederösterreicher wird in Millwall kein Stammspieler werden, sondern situativ und vor allem in Heimspielen ins Spiel gebracht werden.

Einsätze ja, Tore eher nein

Kann Maierhofer in London zu seiner alten Abschlussstärke zurückfinden? Wohl kaum, denn der einstige Bundesliga-Torschützenkönig funktionierte immer dann, wenn er von seinen Mitspielern gut in Szene gesetzt wurde. Das war lediglich in Salzburg, bei Rapid und den Bayern München Amateuren der Fall. Millwall hat große Probleme, sich Torchancen zu erarbeiten, überlässt zu vieles dem Zufall und so wird Maierhofer gezwungen sein, die wenigen Chancen, die er vorfinden wird, in Tore umzumünzen. Power- und Druckfußball wird es bei den „Lions“ nicht geben. Es ist aber durchaus denkbar, dass Maierhofer der Mannschaft ein bisschen mehr Unberechenbarkeit verleihen kann. Gerade aufgrund der vielen Standards, die Millwall förmlich sucht und den zahlreichen weiten Bällen im Spielaufbau, könnte Maierhofer zu einem Leuchtturm für die kriselnde Mannschaft werden. Ob er der zweiten englischen Liga technisch mittlerweile gewachsen ist, steht jedoch auf einem anderen Blatt und so ist es insgesamt zwar wahrscheinlich, dass Maierhofer situationsbedingt zu Einsätzen kommen, aber später kaum auf eine hohe Torquote in seiner Millwall-Zeit zurückblicken wird.

Daniel Mandl, abseits.at

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen

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