Dieses Wochenende pausiert die englische Premier League zwecks FA Cup landauf landab. Doch die höchste englische Liga macht um viele Städte – oft schon... Lost Grounds: Wo der Premier-League-Fußball schmerzlich vermisst wird

England - Flagge_abseits.atDieses Wochenende pausiert die englische Premier League zwecks FA Cup landauf landab. Doch die höchste englische Liga macht um viele Städte – oft schon seit etlichen Jahren – einen weiten Bogen. Wir werfen einen Blick auf die englisch-walisische Landkarte. Wo vermisst man trotz entsprechender Größe oder vergangener Erfolge den „Top Flight Football“ – wie es im Fußballenglisch heißt – ganz besonders?

 20 Vereine – 13 Cities

Die Premier League ist ganz klar von drei Städten geprägt! Big-Player ist wenig überraschend die Metropole London mit seinen sechs Vereinen – wobei man bei der Zuordnung des Vororts Watford diskutieren kann.  Mit ihren je zwei Klubs komplettieren Liverpool und Manchester das Triumvirat. Dieses diktiert auch sportlich klar das Geschehen: In der Tabelle findet man auf den ersten sieben Plätzen nur Vereine aus diesen drei Städten.

Weiters gibt es noch an zehn Orten den exquisiten Premier League Fußball live zu sehen: Die Südküstenstädte Bournemouth und Southampton sind ebenso dabei wie Swansea – der einzige walisische Vertreter. Die „Midlands“ werden durch West Bromwich, Stoke on Trent und Leicester vertreten. Etwas nördlicher befinden sich Hull und Burnley. Dazu komplettieren Sunderland und Middlesbrough aus dem hohen Norden das Teilnehmerfeld.

Doch abseits davon gibt es noch eine große Zahl anderer, entweder einwohnertechnisch großer oder fußballhistorisch bedeutender Städte, von wo sich die Premier-League verabschiedet hat. Wir machen einen kleinen Streifzug und fühlen fünf bedeutende Cities näher auf den Zahn.

Preston

Wer hätte es gewusst: Die ersten beiden englischen Meisterschaften gingen an Preston North End! Sowohl 1888/89 und 1889/90 ging der Pot in die 200.000 Einwohner Stadt aus dem Nordwesten des Landes. Neben den beiden Meisterpokalen stemmten die „Lillywhites“ ebenso oft den FA-Cup. Der letzte Titel ist aber schon etwas her und resultiert aus dem Jahre 1938.  Bis 1961 bestritt „PNE“ beachtliche 1.720 Oberhausspiele, ehe man abstieg und seitdem nie mehr den Weg zurück in die höchste Spielklasse fand. Zuletzt hat man sich immerhin wieder in der zweiten Liga, der Championship gefestigt. Nach turbulenten Jahren in den bedeutungslosen Niederungen des englischen Fußballs, schaffte man es zur Jahrtausendwende unter einem gewissen David Moyes wieder rauf bis in die Championship.

Absolute Highlights aus dem verstaubten Vereinsarchiv: Der erste Double-Gewinner (1889), Meister ohne Niederlage (dies schaffte nur Arsenal 2004 wieder) und ein FA-Cup-Sieg ohne Gegentor im gesamten Wettbewerb. So erhielt man damals im 19. Jahrhundert den Spitznamen „The Invincibles“ – die Unbezwingbaren!

Birmingham

Eigentlich noch gar nicht so lang Premier-League-Abstinent ist Birmingham! Nämlich erst seit letztem Frühjahr, als sich Aston Villa aus dem Oberhaus verabschiedete. Einwohnertechnisch eine Millionenstadt, ist man als zweitgrößte Stadt des Königreichs nur mehr eine weiße Fläche auf der fußballerischen Erstliga-Landkarte. So wird es wohl noch mindestens bis 2018 bleiben. In der Championship schaut es im Aufstiegsrennen für das lokale Duo momentan eher schlecht aus, beide Teams hinken als 12. (Birmingham City) und 13. (Aston Villa) dem Spitzenfeld hinterher. Immerhin kann man zumindest auf eine erfüllende Vergangenheit zurückblicken: 4.070 Mal lief Aston Villa im englischen Oberhaus aufs Feld, nur Everton absolvierte mehr „Top-Flight-Matches“ als die „Villans“.

Nottingham

Die 250.000 Einwohner Stadt aus den East Midlands feierte seine Blütezeit Ende der 70er. Nach dem Aufstieg in die erste Liga 1977  folgte gleich darauf der sensationelle Meistertitel! Das Fußballmärchen fand in Europa seine unmittelbare Fortsetzung: Mit dem 1:0 Finalsieg über Malmö und ein Jahr später – als Titelverteidiger startberechtigt – mit dem gleichen Resultat gegen den Hamburger SV holte „Forest“ zweimal den Europapokal der Landesmeister in Robin Hood‘s Heimat! Mit Trophäen war es danach zwar vorbei, doch etablierte man sich für eineinhalb Jahrzehnte als Stammgast  – tabellarisch meist in der oberen Hälfte – in der höchsten Spielklasse. Nach dem Abstieg 1993 schaffte man noch zweimal ein erfolgloses Kurz-Comeback, jeweils mit dem sofortigen Wiederabstieg. Seit 1999 kennt man die Premier League nur mehr von den Fernsehbildschirmen in einem der zahlreichen Pubs. Nach einem Gastspiel in der dritten Liga hat man sich nun zumindest wieder in der Championship etabliert. Heuer läuft es nicht so recht, die „Tricky Trees“ sind als 19. in massiven Abstiegssorgen.

Leeds

Nicht nur für seine Pubs und eine fein ausgeprägte Britpop-Kultur ist die 460.000 Einwohner umfassende Studentenstadt bekannt. Nach deprimierenden Jahren ist heuer neben der Fußballbegeisterung auch die Hoffnung in die viertgrößte englische Stadt zurückgekehrt. Nach drei Meistertiteln und einem Cupsieg soll in wenigen Monaten an der Elland Road nämlich endlich wieder die Premier League Einzug halten. Mit aktuell Rang fünf stehen die Chancen auf ein Play-Off-Ticket gar nicht schlecht. Der direkte Aufstieg ist für den Kultklub – bei dem Martin Hiden Ende der 90er kickte – aber schon in weiter Ferne.

Sheffield

Keine Autostunde runter die M1 führt uns die Reise weiter nach Sheffield. Die beiden Vereine der 450.000 Einwohner Stadt bestritten bislang gemeinsam beachtliche 4.938 Erstliga-Spiele. Das letzte ist aber nun doch schon wieder 17 Jahre her. Die beiden Vertreter Wednesday (4) und United (1) holten insgesamt schon fünf Titel in die Stahlstadt. Doch über die Pokale hat sich schon eine dicke Staubschicht angesetzt, fast neunzig Jahre liegt die letzte Meisterparty in der fünftgrößten Stadt Englands zurück. Aktuell rangiert Wednesday auf einem Play-Off-Platz, Atdhe Nuhiu und Co machen sich also Hoffnungen auf die baldige Premier-League-Rückkehr. United dagegen ist eins tiefer als Tabellenführer der League One voll auf Aufstiegskurs und damit am Weg zurück in die zweite Liga.

And many more…

Aber natürlich könnte man noch zahlreiche weitere Städte anführen! Da wären etwa die „Dreifach-Meisterstädte“ Blackburn, Huddersfield und Wolverhampton. Oder Derby und Portsmouth, dort bejubelte man je zwei Meisterschaften, in Ipswich eine.

Nicht zu vergessen ist natürlich auch Newcastle, mit dem vierfachen Meister und sechsfachen Cupsieger United! Doch dort ist der Abstiegskater ob der aktuell prächtigen Tabellensituation schon wieder verflogen. Die heurige Premier League Abstinenz sollte – im Gegensatz zu Birmingham – wohl nur von einjähriger Dauer und damit eine Kurze sein.

Zwar groß, aber kicktechnisch nicht wirklich erfolgreich ist Bristol! Mit seinen 435.000 Einwohnern ist man größer als zum Beispiel Manchester oder Leicester, spielte aber fußballerisch mit „nur“ 358 Erstligaspielen bestenfalls eine Nebenrolle und seit dem Abstieg 1980 überhaupt keine mehr. Mit dem Wiener Torwarttalent Ivan Lucic im Kader, liegen die „Rotkehlchen“ aktuell auf Rang 20 in der Championship.

Weitere 300.000+ Städte sind Coventry, Cardiff und Bradford die über keine Erst-Liga Mannschaft verfügen. Mit seinen knapp 250.000 Einwohnern ist übrigens Plymouth die größte Stadt der Insel, die noch immer auf einen Erstligaspiel wartet.

Werner Sonnleitner, abseits.at

Werner Sonnleitner

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