Manchester United gegen den Liverpool FC ist womöglich der Klassiker der englischen Liga. Beide Teams hatten von allen englischen Mannschaften bisher die größten Erfolge... Zwei Mannschaften im Wandel: Taktikanalyse zum 3:0-Sieg Man. Uniteds gegen den FC Liverpool

Manchester United gegen Liverpool 2

Manchester United gegen den Liverpool FC ist womöglich der Klassiker der englischen Liga. Beide Teams hatten von allen englischen Mannschaften bisher die größten Erfolge auf internationalem Boden, desweiteren streiten sich die zwei auch um den Rekordmeistertitel in der Ligahistorie. Unter Ferguson wurden die als uneinholbar geltenden 18 Titel Liverpools überflügelt, in der letzten Saison hätten die Reds beinahe wieder gleichgezogen, aber verpassten den Meistertitel knapp gegen Manchester City.

Zu Beginn dieser Saison befanden sich jedoch beide Mannschaften in der Krise – und nur Manchester United konnte sich in den letzten Wochen daraus befreien. Im direkten Duell wollte Liverpool nachziehen und Trainer Brendan Rodgers nutzte dafür eine sehr klare und überraschende taktische Anpassung.

Liverpool mit drei Innenverteidigern

Rodgers stellte erstmals in dieser Saison drei klare Innenverteidiger bei eigenem und bei gegnerischem Ballbesitz auf. In der vergangenen Saison wurde dies schon einige Male praktiziert, diese Saison gab es dies nur vereinzelt bei eigenem Ballbesitz und in Umschaltmomenten; entweder durch den abkippenden Sechser oder durch einen tiefen Rechtsverteidiger (Glen Johnson). Jetzt war es aber eine klare zentrale Dreierreihe, die auch gegen den Ball harmonisch miteinander verschob. Skrtel stand am tiefsten und agierte fast als Libero, Lovren und Johnson – der verletzungsbedingt nach ein paar Minuten von Touré ersetzt wurde – gaben die Halbverteidiger. Interessant waren die Rollenverteilung im Sturm und die Besetzung im Mittelfeld.

Asymmetrische 3-4-3-Formation

Henderson und Moreno besetzten die Außenbahnen neben der Doppelsechs Allen und Gerrard, Sterling agierte als Mittelstürmer und wurde mit Coutinho und Lallana flankiert. Diese Ausrichtung ist prinzipiell verständlich, wenn auch von den Spielertypen her überaus merkwürdig verteilt. Lallana und Coutinho sind beides untypische Zehner – beide definieren sich über geringe Präsenz mit intelligenten Einzelaktionen, taktisch guten Bewegungen und starker Defensivarbeit aus taktischer Sicht. Sie sind aber weder die torgefährlichsten noch die durchschlagskräftigsten Akteure. Coutinho schließt zum Beispiel zu oft aus unpassenden Situationen ab, Lallana hingegen ist eher ein aufbauender Akteur im Mittelfeld und im letzten Drittel weitestgehend passiv.

Dies zeigte sich in der Offensive in diesem Spiel ebenfalls. Wenn bei Liverpool etwas zu einer Torchance führte, waren es individuelle Fehler Uniteds oder Durchbrüche von Sterling. Alle anderen Akteure blieben als Vorarbeiter weitestgehend im Hintergrund. Insbesondere die Flügelverteidiger wurden nicht gut eingebunden. Moreno und Henderson gaben Breite, wurden aber von den gegnerischen Flügelverteidigern in Manndeckung genommen. Henderson spielte hierbei häufig offensiver und auch im Pressing stand er ein paar Mal höher als Moreno, der sich dann zurückfallen ließ und die drei Verteidiger schon in höheren Pressingphasen als zusätzlicher Verteidiger unterstützte.

Das war aber nicht immer positiv.

Unpassendes Öffnen von Räumen

Henderson und Moreno isolierten sich letztlich auf den Flügeln selbst, weil sie hier Breite gaben, aber je einen Gegenspieler haben. United spielte ebenfalls mit drei Verteidigern und auf beiden Seiten mit nur einfacher Flügelbesetzung. Das 5-2-1-2/3-5-2 der Red Devils versperrte die Flügel von der Mitte und leitete das Aufbauspiel Liverpools direkt auf die Seite, wodurch Liverpool in eigenem Aufbau kaum konstruktiv bis ins letzte Drittel kam, wie hier zu sehen.

Utd im 212 vorne

Hätte Liverpool verstärkt mit einrückenden Außenspielern, doppelter Besetzung der Flügel, mehr Positionswechseln und aufrückenden Läufen der Halbverteidiger agiert, wäre United wohl deutlich instabiler gewesen. So hatte die Elf von Louis van Gaal zwar einige Probleme gegen den Ball, ließ ein paar sehr gute Chancen zu, doch alles in allem gab es kaum Großchancen für Liverpool – und wenn sie kamen, war Weltklassetorwart David de Gea bereit.

United benötigte allerdings auch eine kleine Anpassung, um diese Stabilität zu erzeugen und in eigenem Aufbauspiel besser zu sein.

Veränderung im Pressing sorgt für erhöhte Stabilität

Insbesondere in der Anfangsphase und bis zum Tor war United die unterlegene Mannschaft, weil sie immer wieder einzelne Spieler mit ihrer Manndeckung offen ließen. Später ließ van Gaal das Mittelfeld anders agieren. Mata rückte zwar nach wie vor auf und stellte aus dem 3-4-1-2 ein 3-4-3 im Pressing her, indem er sich zwischen die beiden Stürmer bewegte, aber er tat dies deutlich umsichtiger und situativer.

Utds 343 im Pressing

Rooney sicherte die Räume dahinter, Fellaini spielte minimal tiefer und absichernder. Zuvor spielten sowohl er als auch Rooney überaus hoch und verfolgten Allen und Gerrard mannorientiert, was aber den Zwischenlinienraum öffnete. In dieser Szene ist das gut zu sehen.

mannorientiertes Verfolgen und Zentrumspressing

Im Drei gegen Drei in der ersten Linie gab es einige Probleme: Sterling, Lallana und Coutinho spielten in Gleichzahl gegen die drei Verteidiger Uniteds, was einzelne Durchbruchsmöglichkeiten erzeugte. Mit der späteren Umstellung war der Zwischenlinienraum besser gesichert, Durchbrüche konnten nicht mehr so einfach erzeugt werden und dadurch verlor Liverpool die potenziell durchschlagskräftigste Waffe. United wurde auch erst mit fortschreitender Spieldauer besser bei eigenem Ballbesitz und offensiv waren sie nie wirklich gut. Sie hatten ähnliche Probleme wie ihr Gegner in der offensiven Organisation und Struktur.

Individuelle Bewegungen ohne Bezug zum Kollektiv

Fellaini und Rooney bewegten sich im Mittelfeldzentrum häufig improvisiert erscheinend, sie konnten aber nur selten direkte Verbindungen zu den Stürmern ganz vorne herstellen. Fellaini hatte auch einige Probleme bei der Ballannahme und beim Drehen nach Ballannahmen ebenso wie im Passspiel selbst, welche für einige gefährliche Situationen und Ballverluste sorgten.

Rooney auf der offensiven Sechs ließ sich einige Male auch unterstützend hinter Fellaini zurückfallen, um die Zirkulation voranzutreiben. Mata hingegen blieb meist höher, orientierte sich an Fellaini und stand in den Räumen vor ihm, um aus dem rechten Halbraum Pässe spielen zu können. Mata und Rooney agierten in sehr hohen Situationen auch vereinzelt wie zwei Achter und besetzten die offensiven Halbräume. Young und Valencia gaben die Breite und probierten einzelne diagonale Durchbrüche, insbesondere Valencia hatte mehrmals Erfolg damit und bereitete sogar das Tor auf diese Art und Weise vor.

CutbackGeilheit

Wilson und Van Persie besetzten das Sturmzentrum und beschäftigten die gegnerischen Verteidiger. Das war letztlich eine sehr simple Ausrichtung, brachte aber den ersehnten Erfolg.

Fazit

Ein gutes, aber kein hochklassiges Spiel. Sobald das jeweils andere Team presste, wurde das angreifende Team instabil und konnte nicht mehr konstruktiv aufbauen. United war hier etwas stabiler und gefestigter, doch hatte ebenfalls ein paar enorme Fehler im Aufbauspiel und im Pressing, welche Liverpool beinahe bestraft hätte. Letztlich zeigte das Spiel zwei Mannschaften im Umbruch: Eine im positiven (United) und eine im negativen (Liverpool).

Rene Maric, abseits.at

Rene Maric

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