In dieser begleitenden Serie zur Europameisterschaft in Frankreich werden pro Gruppenspieltag die Schlüsselduelle der einzelnen Begegnungen kurz unter die Lupe genommen. Wer die Duelle... Schlüsselduelle des 3.Spieltags: Wer bremst die ukrainische Flügelzange?

Ukrainische Fans_abseits.atIn dieser begleitenden Serie zur Europameisterschaft in Frankreich werden pro Gruppenspieltag die Schlüsselduelle der einzelnen Begegnungen kurz unter die Lupe genommen. Wer die Duelle für sich entscheiden konnte und ob es überhaupt zu den vorgestellten Auseinandersetzungen gekommen ist, wird am folgenden Tag besprochen. Diesmal mit den Paarungen Türkei – Kroatien, Polen – Nordirland und Deutschland – Ukraine.

Arda Turan vs. Luka Modric

Arda Turan vom FC Barcelona ist im türkischen Kader wohl der einzige Akteur, dem man das Prädikat „internationale Klasse“ anheften kann. Demnach ist Turan, der in Spanien ein schwieriges erstes Jahr hinter sich hat, der Zielspieler im Team der Türken. Der 29-Jährige bekleidet in der Offensive des Teams vom Bosporus so ziemlich alle Positionen: er weicht oft auf die Flügel aus, spielt als Zehner Pässe in die Schnittstellen oder sucht selbst den Abschluss.

Genauso wichtig auf kroatischer Seite ist Luka Modric von Real Madrid. Der 30-Jährige ist auf seiner Position unbestritten einer der weltbesten Fußballer. Modric spielt im Verein, wie auch im Nationaldress, einen Hybrid aus Sechser und Achter. Er stopft in der Defensive Löcher, kümmert sich um die Offensivspieler des Gegners und sorgt gleichzeitig für die Balance von Defensive und Offensive. Das Spiel seiner Mannschaft kurbelt der Kroate dabei mit Pässen an, die manchmal nicht von dieser Welt zu sein scheinen.

Beide Spieler sind fußballerisch hochintelligent und die absoluten Superstars ihres jeweiligen Teams. Es wird interessant zu sehen sein, ob Turan es schafft, mit durchdachten offensiven Aktionen Modric in der Defensive zu binden; damit wären die Kroaten in der Offensive einer ihrer stärksten Waffen beraubt. Andererseits wäre das türkische Spiel lahmgelegt, falls es dem kroatischen Defensivverbund um Modric gelingt, Turan auszuschalten.

Grzegorz Krychowiak  vs. Steven Davis

Der Pole ist nicht nur das Herzstück bei Europa-League-Dauersieger FC Sevilla, sondern auch bei den bialo-czerwoni. Schon im Spielaufbau kommt dem 26-Jährigen eine eminent wichtige Rolle zu: er kippt meist zwischen die beiden Innenverteidiger ab und leitet aus der Tiefe den Angriff ein, wobei er sehr temporeich agiert und mit Diagonalbällen sofort einen der Flügelläufer sucht, die dann mit hoher Geschwindigkeit nach vorne preschen. Mit seiner Zweikampfstärke räumt er im zentralen Mittelfeld einiges ab und ist durch seine Handlungsschnelligkeit auch für das berühmt-berüchtigte polnische Pressing äußerst wichtig. Zum Leidwesen der Polen geht Krychowiak angeschlagen in das Turnier, wobei alles versucht werden wird, den Schlüsselspieler rechtzeitig fitzubekommen.

Steven Davis kommt im Team der Nordiren eine ähnliche Rolle zu; jedoch ist der 31-Jährige nominell eher als Achter zu sehen, der im Spielaufbau als Verbindungsstation zwischen Halbverteidiger und Flügelläufer fungiert; aber auch oft zurückfällt und als Ballschlepper Raum durch Dribblings schaffen soll. Der Mann vom FC Southampton ist, wie fast alle Spieler im nordirischen Team, physisch stark und scheut während des Spiels keinen Zweikampf.

Beide werden sich in den bevorstehenden 90 Minuten wohl häufiger begegnen, ist die Defensive der Nordiren im Mittelfeld doch sehr mannorientiert; den Achtern kommt dabei die Aufgabe zu, sich um die Sechser des Gegners zu kümmern und diese am Spielaufbau zu hindern beziehungsweise Passoptionen zu reduzieren.

Deutsche Außenverteidiger vs. Andriy Yarmolenko / Evgen Konoplyanka

Auf Jonas Hector wird einiges an Arbeit zukommen. Der linke Außenverteidiger könnte es im Laufe des Spiels von Deutschland und der Ukraine mit beiden Superstars der Osteuropäer zu tun bekommen. Wer sein Pendant auf der rechten Seite wird, darum macht Bundestrainer Löw weiterhin ein Geheimnis. Eventuell kommt wieder Benedict Höwedes von Schalke 04 zum Zug, der die Außenverteidigerposition bereits beim Gewinn der Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien bekleidete. Der 28-Jährige wäre die konservative Varianten gegenüber dem unerfahrenen, aber talentierten Joshua Kimmich vom FC Bayern oder Emre Can vom FC Liverpool.

Höwedes verfügt zwar über ein gutes Zweikampfverhalten und überdurchschnittliches Antizipationsvermögen, jedoch hat er klare Defizite in Sachen Schnelligkeit – was gegen Yarmolenko und Konoplyanka gefährlich werden könnte. Zudem wird er auch nach eigener Aussage „kein Dani Alves mehr“, womit er bereits andeutet, dass sich sein Aufgabenbereich klar auf die Defensive beschränken und er offensiv wohl eher kein Faktor im Spiel der Deutschen sein wird. Hector hingegen zieht es mehr in die gegnerische Hälfte; der 26-Jährige verfügt zudem über eine passable Grundschnelligkeit. Zusätzlich ist der Kölner taktisch sehr intelligent, was ihm im Duell gegen die ukrainischen Flügelflitzer entgegenkommen wird.

Eben jene gehören im Spiel Eins-gegen-Eins zu den Besseren auf diesem Planeten. Yarmolenko von Dynamo Kiew kommt eher über die rechte Seite, wobei er mehr Zug zum Tor entwickelt als sein Pendant vom FC Sevilla. Konoplyanka ist jedoch der technisch sauberere Spieler – vor allem was seine Passtechnik angeht. Zudem ist er auch taktisch clever, was sich unter anderem in seinem Defensivverhalten zeigt. Yarmolenko hingegen ist für das Unberechenbare, das Unorthodoxe zuständig. Beide rochieren viel und sind auf ihre jeweiligen Positionen nicht festgelegt.

Beide Flügelspieler können jede Abwehr der Welt vor Probleme stellen. Auch die Deutschen, die gerade auf den Außenverteidigerpositionen die wohl größte Problemzone aufweisen, werden alarmiert sein. Gelingt es jedoch die beiden in den Griff zu bekommen, wäre das mehr als die halbe Miete.

Nachbetrachtung der gestrigen Duelle

Im Duell gegen die Schweiz verzichtete der albanische Nationaltrainer Giovanni de Biasi überraschenderweise auf Migjen Basha. So kam es nicht zu dem prognostizierten Duell mit dem Schweizer Granit Xhaka, der ein solides Spiel machte, es jedoch auch nicht schaffte, seiner Mannschaft in Überzahl die nötigen Impulse zu geben. Das Spiel der Eidgenossen blieb somit etwas statisch; man muss kein Prophet sein um zu behaupten, dass die Schweizer mit dieser Spielanlage schon am nächsten Spieltag gegen Rumänien einige Probleme bekommen könnten.

Die Waliser konnten nicht nur das Spiel gegen die Slowakei mit 2:1 für sich entscheiden,  auch Joe Allen blieb im Duell mit Marek Hamsik der eindeutige Sieger. Der Slowake war bis auf seine Chance in der 3. Minute während der gesamten Spielzeit praktisch nicht zu sehen und biss sich, wie der Rest seiner Mannschaft, die Zähne an der intelligenten Defensive der Waliser aus. Allen hingegen war auf dem Platz überall zu finden. Er leitete Angriffe mit ein und war gleichzeitig einer der herausragenden Defensivakteure seines Teams.

Leider kam es auch in der Paarung England gegen Russland nicht zum prognostizierten Duell zwischen Wayne Rooney und Roman Shirokov. Der etatmäßige Kapitän der „Sbornaja“ wurde Opfer einer sehr defensiven Grundausrichtung Russlands, die mit Roman Neustädter einen weiteren Sechser in der Startelf vorsah. Der Kapitän der „Three Lions“ machte bis zu seiner Auswechslung in der 78. Minute ein gutes Spiel. Der 30-Jährige ließ sich teilweise weit ins Mittelfeld zurückfallen und kurbelte aus einer tieferen Position das Spiel der Engländer an und imitierte so viele Angriffe. Kurioserweise wurde in dem Moment, da Rooney Platz für Jack Wilshere machen musste, Shirokov für Aleksandr Golovin eingewechselt. Der 34-Jährige konnte zum für die Russen glücklichen 1:1–Endergebnis  aber nichts Wesentliches mehr beitragen.

Ral, abseits.at

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