Wer hätte das gedacht: Noch vor drei Jahren war Kevin-Prince Boateng eine Persona non grata in der Bundesliga. Das Image des Schwererziehbaren haftete dem... Vom Saulus zum Paulus: Die Kevin-Prince Boateng Story

Wer hätte das gedacht: Noch vor drei Jahren war Kevin-Prince Boateng eine Persona non grata in der Bundesliga. Das Image des Schwererziehbaren haftete dem gebürtigen Berliner schon seit seiner Zeit bei der Hertha an. Nach Zwischenstationen bei den Tottenham Hotspurs, Borussia Dortmund und dem FC Portsmouth hat der 24-jährige beim italienischen Topclub AC Mailand nun sein sportliches Glück gefunden.

Das „Ghetto-Kind“ gibt sein Profi-Debüt – die Zeit bei Hertha BSC Berlin

Am 13.08.2005 debütierte Boateng für die Hertha beim Spiel gegen Eintracht Frankfurt. Seit diesem Zeitpunkt wurde es in Berlin eigentlich nie wirklich still um ihn. Er galt in der Bundesliga früh als der Prototyp des abgehobenen Jungspielers, der zu allem Überfluss, in einer Zeit, als noch nicht jeder zweite Bundesligaspieler sein Sternzeichen auf dem Unterarm trug, sich mit seinen Tattoos und seiner vorlauten Art selbst das „Bad Boy Image“ verpasste. Sportlich gesehen galt er jedoch als Riesentalent und zukünftiger Nationalspieler. Das Problem an der Sache: Boateng war sich dieser Tatsache durchaus bewusst. Aus diesem Grund beklagte sich der Youngster des Öfteren über sein mangelndes Standing im Verein und das der Hertha-Eigengewächse im Allgemeinen. So entwickelte sich ein Konflikt innerhalb der Mannschaft zwischen den Etablierten und den Nachwuchsspielern, die sich größtenteils noch von den Berliner Straßen kannten (Boateng bezeichnete sich selbst gern als „Ghetto Kind“) und eine dementsprechende Mentalität mitbrachten. Um des Friedens im Kader willens, verkaufte Hertha sein größtes Talent im Sommer 2007 für 7,8 Millionen an die Tottenham Hotspurs.

Welcome to the Jungle – Boateng in der Premier League Teil 1

Das erste Jahr im Londoner Norden verlief noch relativ verheißungsvoll. Boateng war zwar nur Ergänzungsspieler – als 20-jähriger Nachwuchsspieler, der seine erste Saison in der Premier League spielte, schienen 13 Ligaeinsätze aber kein schlechtes Ergebnis. Zudem gewann Boateng mit den Spurs den englischen Ligapokal. Unter dem neuen Trainer Harry Redknapp kam Boateng in der Hinrunde der darauffolgenden Saison lediglich zu einem Einsatz. In der Winterpause zog Boateng die Konsequenz aus der mangelnden Perspektive bei den Spurs und versuchte sein Glück abermals in der Bundesliga bei Borussia Dortmund.

Rückkehr ohne Happy End – das halbe Jahr in Dortmund

In der Rückrunde der Saison 2008/09 kam Boateng zu zehn Einsätzen für den BVB. Besonders glücklich verlief das Leihgeschäft für den Ex-Berliner jedoch nicht. Boateng zeigte sich am Anfang geläutert und zeigte gute Leistungen. Was aber noch wichtiger war: er demonstrierte Leistungsbereitschaft, sowie hohe Motivation. Doch dann überschlugen sich mal wieder die Ereignisse im Leben des Kevin-Prince Boateng. Am 13.05. 2009 flog er im Spiel gegen Wolfsburg nach einem Tritt gegen Makoto Hasebe mit einer glatten roten Karte vom Platz und wurde für vier Spiele gesperrt. Im März leistete sich Boateng zudem eine weitere Eskapade: Nach einer Partynacht mit dem Ex-Kollegen Patrick Ebert wurden beide um 3.30 Uhr von einer Polizeistreife aufgegriffen –  unter dem Verdacht mehrere Autos beschädigt zu haben. Das Gastspiel von Boateng wurde nicht verlängert, obwohl Klopp ihn gerne behalten hätte. Offiziell scheiterte eine dauerhafte Verpflichtung an den zu hohen finanziellen Forderungen von Tottenham.

Boateng in der Premier League Teil 2

Klar war jedoch, dass Boateng bei den Spurs keine Perspektive mehr sah. So wechselte er im Sommer 2009 für geschätzte vier Millionen Pfund zum FC Portsmouth. Auch hier wurde es nicht still um den Delinquenten. Gleich in seinem ersten Spiel für seinen neuen Verein schoss er sein erstes Premier-League-Tor. Nach einer guten Saison in der Liga, erreichte man auch das Finale im FA-Cup. Im Halbfinale traf der Ex-Spurs-Kicker dabei auf seinen alten Club Tottenham. Boateng bereitete das 1:0 vor und sorgte dann selbst für den 2:0-Endstand. Im Finale gegen Chelsea folgte der Beginn des wohl endgültigen Wendepunkts in der Karriere des Kevin-Prince Boateng. Nach einem brutalen Foul an Michael Ballack verletzte dieser sich so schwer, dass er nicht an der WM 2010 teilnehmen konnte. Zudem verschoss Boateng einen Elfmeter und so unterlag Portsmouth mit 0:1.

In Deutschland wurde nach dem Foul gegen Ballack eine regelrechte Hasskampagne gegen Boateng gestartet. Die deutschen Medien, sowie die gesamte Fußballöffentlichkeit schossen sich auf ihn ein und man war sich einig, dass Boateng ein hoffnungsloser Fall ist. Doch Boateng sollte allen, die ihn bereits abgestempelt haben, das Gegenteil beweisen.

Der Wendepunkt – die WM 2010

Aufgrund von mangelnder Perspektive in der deutschen Nationalmannschaft, entschied sich Boateng 2009 für Ghana, das Land seines Vaters, zu spielen. Während der WM nahm der Vielgescholtene den Platz des verletzten Michael Essien im defensiven Mittelfeld ein und führte seine Mannschaft mit überragenden Leistungen ins WM-Viertelfinale, wo man unglücklich gegen Uruguay im Elfmeterschießen ausschied. Boateng wurde nun aber in der Öffentlichkeit anders wahrgenommen. Für den FC Portsmouth schien er nun eine Nummer zu groß.

Angekommen – Boateng und der AC Mailand

Nach der WM entschied sich Boateng für einen Wechsel nach Italien zum CFC Genua, nur dass er für diese nicht ein Spiel machen sollte, denn er wurde direkt für ein Jahr an den AC Mailand ausgeliehen. Milan war der eigentliche Interessent, konnte sich aber die Ablöse nicht leisten. Dort konnte sich Boateng zur Überraschung vieler Experten relativ schnell einen Stammplatz erkämpfen. Mailand spielte mit ihm im offensiven Mittelfeld die beste Saison seit langem und in der italienischen Presse war schon von einem magischen Dreieck mit Zlatan Ibrahimovic und Robinho die Rede. Zudem tauften die italienischen Gazetten Boateng in Anlehnung an seine athletische und kraftvolle Spielweise respektvoll „Zug ohne Bremsen“. Eben jene Athletik und Power war genau jenes Puzzleteil, das dem AC lange fehlte. Am Ende gewann Milan den Scudetto und Boateng lieferte auf der Meisterfeier seine mittlerweile schon kultverdächtige Michael-Jackson-Imitation. Eine feste Verpflichtung war nur noch Formsache und so überwies Milan geschätzte acht Millionen Euro an den FC Portsmouth – im Nachhinein ein Schnäppchen.

Auch in dieser Saison steht man nach holprigem Start auf Platz eins der Tabelle der Serie A, auch wenn Juventus bei einem Punkt Rückstand noch ein Spiel in der Hinterhand hat. In der Champions League schoss Boateng beim 2:2 gegen Barcelona ein absolutes Traumtor und war beim beeindruckenden 4:0 gegen Arsenal im Achtelfinalhinspiel einer der überragenden Akteure. Die Aussichten des Kevin-Prince Boateng waren nie besser.

Ral, abseits.at

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