Bei der U21-Europameisterschaft stachen einige Teams beziehungsweise deren Abschneiden ins Auge. Während Italien und die Niederlande wohl fast perfekt die Erwartungen erfüllten, stach einer... U21-EM: Rückblick auf die Leistung der spanischen Juniorennationalmannschaft (1)

Spanische Fans, SpanienBei der U21-Europameisterschaft stachen einige Teams beziehungsweise deren Abschneiden ins Auge. Während Italien und die Niederlande wohl fast perfekt die Erwartungen erfüllten, stach einer der Fußballgiganten sehr positiv ins Auge, zwei andere fielen jedoch negativ ab.

Die positive Überraschung war Spanien. Überraschung aber auch nur deshalb, weil sich nach dem letzten Titel von 2011 wohl niemand erwartete, dass man abermals das Turnier gewinnen, nicht nur den Gegner, sondern auch den Zufall in dieser Manier besiegen und dabei auch noch spielerisch so extrem überzeugen würde. Dem spanischen Fußball steht womöglich eine weitere goldene Generation bevor, die sämtliche aktuellen Loblieder verdient.

In diesem zweiteiligen Beitrag werfen wir einerseits einen Blick auf das Konzept und die zwei Topstars und andererseits eine Betrachtung der Bankoptionen und unterschätzte Schlüsselspieler.

Wieso das Konzept so erfolgsstabil ist und was dies zur Folge hat

Bevor in die Lobgesänge angestimmt werden, sollte allerdings zuerst eine Relativierung der Erfolge vorgenommen werden. Die Spanier schaffen es durch den hohen Ballbesitzfokus den Zufall auszuschalten, sie vermindern die Wahrscheinlichkeit einer unglücklichen Niederlage und können dadurch ihre absolute Überlegenheit konstanter umsetzen, als jedes Team vor ihnen.

Durch diese Erfolgs- und auch Defensivstabilität können sie nicht nur mehr Titel einheimsen, sondern sie wirken auch stärker, als andere, in der Theorie gleichstarke Mannschaften. Indem sie den Ball 60-80% der Zeit in ihren Reihen halten, gibt es zwar oftmals weniger Torchancen für beide Mannschaften – für den Gegner aber immer noch weniger.

Diese Relativierung ist aber gleichzeitig ein Lob. Es bedarf einer herausragenden Balltechnik, Spielintelligenz und taktisch intelligenten Bewegung des Kollektivs, damit diese oft übersehenen Vorteile des Ballbesitzes voll zum Tragen kommen. Die U21-Mannschaft der Spanier hat die Fähigkeiten dazu und kann dadurch die Vorteile ausspielen – eine Rarität.

Zusätzlich spielen sie stark mit offensivem Ballbesitz; im Gegensatz zur spanischen Nationalmannschaft, die gelegentlich mit defensivem Ballbesitz spielt, um ein Ergebnis zu halten oder nicht zu viel zu riskieren. Soll heißen: Der Ballbesitz dient nicht als Mittel, um dem Gegner keine Torchance zu geben, sondern sorgt primär dafür, dass man sich mehr hochkarätige Torchancen herausspielen kann.

Die Gefahr liegt oftmals darin, dass der Fokus vertauscht wird, wobei dann nicht die defensive Stabilität der angenehme Nebeneffekt, sondern das Hauptmotiv der Spielweise wird. Das war bei der U21-Mannschaft über die gesamte Europameisterschaft hinweg nicht der Fall, was übrigens alleine schon als Indiz für die hohe Qualität dieser Mannschaft dienen kann. Dafür hatten sie mehrere Schlüsselspieler.

Die zwei Topstars

Im Fokus standen natürlich die zwei spektakulärsten Akteure der Mannschaft: Isco von Malaga und Thiago Alcantara vom FC Barcelona. Ersterer wurde nach einer hervorragenden Leistung gegen Norwegen im Halbfinale zum Spieler des Turniers gewählt, Letzterer erzielte im Finale drei Tore und wurde zum Matchwinner. Beide haben Angebote aus halb Europa; bei Isco stehen Manchester City und Real Madrid bei den Buchmachern hoch im Kurs, Barcelona-Star Thiago soll womöglich dank einer Ausstiegsklausel bei Bayern München oder Manchester United anheuern.

Die beiden konnten auch im Turnier zeigen, wieso sie so begehrt sind. Isco ist unglaublich dribbelstark, antrittsschnell und kreativ. Immer wieder kann er Gegner auf sich ziehen und sie ausspielen, wodurch er nicht nur sich selbst Räume schafft, sondern auch seinen Mitspielern. Zusätzlich dient er als Nadelspieler, der auch in engen Situationen ohne großes Risiko auf einen Ballverlust angespielt werden kann, desweiteren ist er als polyvalenter Akteur auf beiden Flügeln oder als hängende Spitze einsetzbar.

In den nächsten Jahren könnte er sich mit Mario Götze und Neymar – oder auch einigen anderen Spielern – zu der Nummer im Weltfußball entwickeln, zumindest im letzten Spielfelddrittel. Die Voraussetzungen sind da, Isco muss nur noch an seinen Fähigkeiten feilen und mehr Konstanz und Effektivität entwickeln. Dies waren die einzigen Mankos in einer ansonsten auch im Klubfußball überzeugenden Saison.

Thiago hingegen spielt tiefer und ist eine Mischung aus Ronaldinho, Iniesta und Xavi – ein Superlativ, in das er womöglich in den nächsten Jahren hineinwachsen könnte. Sein Bewegungsablauf und seine Koordination erinnern an Ronaldinho, bei Thiago fließt nicht umsonst brasilianisches Blut in den Adern.

Seine Beweglichkeit in engen Räumen, seine hervorragende Balltechnik und seine Entscheidungsfindung unter Druck erinnern an Andrés Iniesta, der bei Barcelona eine ähnliche Position spielt, wie es Thiago in den letzten Spielen der EM tat. Und mit Xavi verbindet ihn das Strategische und Organisatorische, wodurch er das Spiel an sich reißen und das Tempo seiner Mannschaft fast durchgehend bestimmen kann.

Darum gilt Thiago auch als Nachfolger von Xavi bei Barcelona, er dürfte mit großer Sicherheit in den nächsten Jahren zu einem der besten zentralen Mittelfeldspieler der Welt aufsteigen. Doch die Nachfolge steht in der Schwebe – Ursache ist Thiago selbst, ein Wechsel zu einer anderen europäischen Topadresse gilt aktuell wegen seiner zu geringen Einsatzzeiten bei Barcelona und der enorm starken Konkurrenz als wahrscheinlich.

Neben diesen beiden kommenden Weltklassespielern, falls sie es nicht schon sind, gab es aber auch andere Akteure, die sich bei der Europameisterschaft profilieren konnten. Diese Akteure werden im zweiten Teil zur spanischen U21 näher behandelt, auch sie dürften in den nächsten Jahren eine wichtige Rolle im internationalen Klubfußball und in der spanischen Nationalmannschaft spielen.

Rene Maric, abseits.at

Rene Maric

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