In dieser Serie gehen wir auf einzelne Weltklassetalente ein, die auf dem Sprung standen – und ihn nicht schafften. Zumeist waren es persönliche Tragödien,... Der verlorene Weltklassespieler (24) – Theo Laseroms

_Fußball in Holland NiederlandeIn dieser Serie gehen wir auf einzelne Weltklassetalente ein, die auf dem Sprung standen – und ihn nicht schafften. Zumeist waren es persönliche Tragödien, Verletzungen oder einfach die Umstände ihrer Karriere: zur falschen Zeit am falschen Ort kann manchmal schmerzhaft wahr sein.

Wir lassen die Karrieren dieser Akteure Revue passieren, spekulieren über die mögliche Auswirkung ihres fehlenden Durchbruchs in der Geschichte des Fußballs und ein kleines „was wäre, wenn…?“ darf natürlich auch nicht fehlen. Immerhin besitzt für solche Spieler nahezu jeder Fußballfan noch eine schöne Erinnerung und jene fragende Wehmut, welche Erinnerungen man nicht alles verpasst hat.

In diesem Teil widmen wir uns …

Theo Laseroms

Am 6. Mai 1970 gewann Feyenoord Rotterdam nach einem 2:1 gegen Celtic Glasgow als erste niederländische Mannschaft den Europapokal der Landesmeister. In der mit zahlreichen Nationalspielern gespickten Mannschaft Feyenoords standen viele Spieler, die bis heute Legenden des Vereins sind: Linksaußen und Rekordspieler Coen Moulijn, der schwedische Mittelstürmer Ove Kindvall und selbstverständlich auch die Mittelfeldachse, bestehend aus Dauerläufer Wim Jansen und den beiden Spielmachern Franz Hasil und Willem van Hanegem. Ein besonders hohes Maß an Respekt und Furcht zeigten die Gegner jedoch vor allem vor den beiden zentralen Abwehrspielern Feyenoords: Rinus Israël und Theo Laseroms.

Während Rinus Israël bis heute recht bekannt ist, gerät Theo Laseroms hingegen oft in Vergessenheit, obwohl er ebenfalls einen wichtigen Anteil an der Stabilität der damaligen Feyenoord-Abwehr hatte.  Doch wer war dieser Laseroms überhaupt?

Theo Laseroms spielte bei Feyenoord als Vorstopper und gehörte auf dieser Position in den späten 1960er und frühen 1970er Jahren zu den besten Spielern der Niederlande (in der Saison 1969-70 wohl sogar europaweit). Laseroms besaß zwar nicht so eine überragende Spieleröffnung wie sein Nebenmann Israël, hatte jedoch ähnliche Qualitäten im defensiven Bereich: er war kopfballstark, konnte gut grätschen und verfügte noch dazu über ein hervorragendes Stellungsspiel. Die größte Stärke von Laseroms und Israël war jedoch ihre unglaubliche körperliche Robustheit, mit der sie jeden Gegenspieler problemlos aus dem Weg räumen konnten, weswegen man ihnen die Spitznamen „Eiserner Rinus“ und „Der Panzer“ (Laseroms) verpasste.
Ihre körperbetonte Spielweise brachte den beiden landesweit Respekt ein und veranlasste Rob Jacobs, der mehrfach gegen die beiden als Stürmer spielen musste, zu der Aussage, dass es leichter sei, von der DDR nach Westdeutschland zu flüchten, als an den beiden vorbeizukommen.
Auch Theo Laseroms fasste seine Spielweise einmal sehr klar zusammen:
„Wenn ich einen Stürmer ausschalten muss, gehe ich ihn hart an. Wenn das nicht ausreichen sollte, gehe ich ihn im nächsten Zweikampf noch härter an. Ich gehe ihn so hart an, wie es nötig ist, um ihn endgültig auszuschalten.“

Erste Karrierejahre

Die Karriere von Theo Laseroms begann jedoch nicht in Rotterdam, sondern in Roosendaal, wo er am 8. März 1940 geboren wurde und sich in seiner Jugend dem dortigen RBC Roosendaal

anschloss. Obwohl Roosendaal zu dieser Zeit nur unterklassig spielte, wurde der NAC Breda auf den damals achtzehnjährigen Laseroms aufmerksam und verpflichtete ihn 1958. Auch bei Breda gelang es Laseroms schnell, sich einen Stammplatz zu erkämpfen, wobei er zu diesem Zeitpunkt noch nicht als Vorstopper, sondern als Mittelstürmer oder Rechtsaußen spielte. Auf diesen Positionen kamen ihm sowohl sein harter Schuss als auch seine Kopfballstärke zugute, sodass er in 129 Spielen auf 28 Tore kam.

1963 wechselte Laseroms zu Sparta Rotterdam, wo er allerdings nach kurzer Zeit von Trainer Wiel Coerver zum Vorstopper umgeschult wurde. Während seiner vier Jahre bei Sparta trug Laseroms als Abwehrchef dazu bei, dass der Verein 1967 Dritter in der Eredivisie wurde (dabei stellte man mit nur 25 Gegentoren die beste Abwehr der Liga) und 1966 im KNVB-Pokal triumphierte.

Kurzes USA-Engagement und Wechsel zu Feyenord

Als im Sommer 1967 in den USA die National Professional Soccer League gegründet wurde,  erhielten viele niederländische Fußballer finanziell lukrative Angebote von amerikanischen Vereinen. Auch Theo Laseroms ging in die USA und unterschrieb dort bei den Pittsburgh Phantoms, obwohl er zu diesem Zeitpunkt noch bei Sparta einen gültigen Vertrag besaß. Als Folge dieses Vertragsbruchs verklagte Sparta die Phantoms, bekam Recht und erhielt als Entschädigung
1700000 Gulden. Laseroms wurde in den USA jedoch nicht glücklich und entschied sich daher zu einer Rückkehr nach Rotterdam, wo er sich Spartas Lokalrivalen Feyenoord anschloss.

Mit Feyenoord konnte er direkt in der ersten Saison das Double gewinnen: im Pokal triumphierte Feyenoord über Eindhoven und in der Liga konnte man Ajax Amsterdam auf Platz zwei verweisen. Vor allem im Duell mit Ajax bewies Laseroms seine enorme Klasse, als er deren Superstar Johan Cruyff in beiden Partien ausschaltete. Bereits vor Anpfiff schnappte sich Laseroms den jungen Cruyff und warnte ihn eindrücklich:
„Wenn du heute bei uns in den Strafraum kommst, kommst du nicht mehr lebend raus.“

1970: Triumphe im Europa- und Weltpokal

Im Sommer 1969 verpflichtete Feyenoord den Österreicher Ernst Happel als Trainer und verstärkte das Team zusätzlich mit Franz Hasil und Linksverteidiger Theo van Duivenbode. Trotz dieser namhaften Verpflichtungen gelang es Feyenoord nicht, das Double zu verteidigen, während es dafür im Europapokal der Landesmeister umso besser lief. Nach zwei deutlichen Siegen über KR Reykjavík in der ersten Runde wartete in der zweiten Runde der Titelverteidiger AC Mailand. Feyenoord verlor zwar das Hinspiel mit 0:1, aber erreichte das Viertelfinale dank eines 2:0 Sieges im Rückspiel.

Auch im Viertelfinale lief es für Feyenoord zunächst nicht gut: gegen den ostdeutschen Meister Vorwärts Berlin war man im Hinspiel deutlich unterlegen und hatte Glück, dass die Ostdeutschen ihre vielen Chancen nicht nutzten und durch ein Tor von Jürgen Piepenburg nur zu einem 1:0 kamen. Im Rückspiel in Rotterdam war Feyenoord schließlich klar besser, wobei Berlins Torwart Alfred Zulkowski zunächst mit zahlreichen Paraden das 0:0 festhielt. Erst in der zweiten Halbzeit sorgten Ove Kindvall und Henk Wery für einen 2:0 Sieg, der das Weiterkommen bedeutete. Kurz vor Schluss hatte Kindvall sogar noch die Chance auf das 3:0, scheiterte jedoch mit einem Elfmeter am überragenden Zulkowski.

Im Halbfinale gegen Legia Warschau kam Feyenoord zwar im Hinspiel nicht über ein 0:0 hinaus, konnte allerdings vor heimischen Publikum wie in den vorherigen Runden mit 2:0 gewinnen (durch Tore von van Hanegem und Hasil) und das Finale erreichen.

Am 6. Mai 1970 traf Feyenoord im Finale auf Celtic Glasgow, die den Pokal bereits drei Jahre zuvor gewonnen hatten und in deren Reihen noch immer sieben Spieler der sog. „Lisbon Lions“ (Spitzname der Celtic-Mannschaft von 1967) standen.

Es entwickelte sich schnell ein offener Schlagabtausch mit Chancen für beide Seiten, in dem Celtic in der 29. Minute in Führung ging: nach einem Zweikampf kurz vor dem Feyenoord-Strafraum entschied Schiedsrichter Concetto Lo Bello auf Freistoß, den Celtics Linksverteidiger Tommy Gemmell mit einem wuchtigen Rechtsschuss verwandelte. Feyenoord schlug jedoch nur zwei Minuten später zurück, als Rinus Israël nach einem Freistoß per Kopf den Ausgleich erzielen konnte. Im weiteren Spielverlauf konnte keine der beiden Mannschaften ein weiteres Tor erzielen (die beste Chance hatte Hasil, der jedoch nur den Pfosten traf), sodass es nach Ablauf der regulären Spielzeit in die Verlängerung ging. Laseroms und Israël hatten bis dahin im Zentrum gewohnt souverän und körperbetont verteidigt und kurz nach Beginn der Verlängerung rettete Laseroms für den bereits geschlagenen Pieters Graafland auf der Torlinie. In der zweiten Halbzeit der Verlängerung drückte Feyenoord auf das zweite Tor und wurde schließlich in der 118. Minute belohnt, als Ove Kindvall  einen langen Ball erlief und Celtics Torwart Williams zum 2:1 überlupfte. Die Vorlage kam hierbei von Rinus Israël, dem mit Abstand besten Mann des Spiels: zum einen war er an beiden Feyenoord-Toren direkt beteiligt und zum anderen war es selbstverständlich auch der starken Leistung des Abwehrduos Israël-Laseroms zu verdanken, dass die gefürchtete Celtic-Sturmreihe über große Teile der Partie wirkungslos blieb und Feyenoord als erste holländische Mannschaft den Europapokal der Landesmeister gewinnen konnte.

Durch diesen Sieg qualifizierte sich Feyenoord für die Finalspiele um den Weltpokal, die am 26. August und 9. September 1970 ausgetragen wurden. Gegner war dort Estudiantes de La Plata, die zwischen 1968 und 1970 dreimal hintereinander die Copa Libertadores und 1968 auch den Weltpokal gewonnen hatten..Nach einem 2:2 im Hinspiel (nach 0:2 Rückstand) siegte Feyenoord im Rückspiel durch ein Tor von Joop van Daele mit 1:0. Feyenoord war somit nicht nur die beste Mannschaft Europas, sondern die beste Mannschaft der Welt.

Weitere Zeit bei Feyenoord und Karriereende in Belgien

Nach dieser herausragenden Saison, die für Theo Laseroms und seine Mannschaftskameraden den Höhepunkt ihrer Karriere darstellte, folgte in der kommenden Saison direkt in der ersten Runde des Europapokals das blamable Aus für Feyenoord. Gegen den rumänischen Vertreter UTA Arad war Feyenoord klar favorisiert, schied jedoch nach zwei Unentschieden (1:1 in Rotterdam, 0:0 in Arad) aufgrund der Auswärtstorregel aus. In der Eredivisie konnte Feyenoord hingegen den Titel holen und verwies dabei Ajax auf den zweiten Platz. Die Vorentscheidung fiel im direkten Duell der beiden Erzrivalen, als Feyenoord Ajax mit 3:1 besiegen konnte. Sowohl Laseroms als auch Rinus Israël waren vor der Partie angeschlagen, weshalb Ernst Happel zu einem psychologischen Trick griff: beim Aufwärmen blieben beide Verteidiger zunächst in der Kabine, um kurze Zeit später jedoch zum Anpfiff auf den Rasen zu kommen. Dieser Schachzug Happels sorgte dafür, dass die Moral der Ajax-Spieler bereits früh gebrochen war und diese Feyenoord auch im Spiel wenig entgegen setzen konnten.
Wenige Wochen später gewann Ajax allerdings zum ersten Mal den Europapokal der Landesmeister, wobei dieser Titel den Auftakt einer zweijährigen nationalen und internationalen Dominanz werden sollte. In der Saison 1971-72 blieb Feyenoord daher nur Platz zwei hinter Ajax – Tiefpunkt der Saison war eine 1:5 Niederlage gegen den Erzrivalen, bei der Cruyff und Co. Feyenoord auseinander nahmen. Am Ende der Saison verließ Theo Laseroms Feyenoord und ging nach Belgien, wo er bis zu seinem Karriereende im Jahr 1974 bei Gent spielte. Im selben Jahr konnte auch sein alter Verein Feyenoord die Dominanz von Ajax brechen und Meister werden, noch dazu gewann man den UEFA-Pokal. An der Seite von Israël verteidigte nun Wim Rijsbergen, wobei dieser nie ansatzweise das Niveau von Laseroms erreichen sollte…

Laseroms in der „Elftal“

Obwohl Laseroms bei all seinen Vereinen stets einen Stammplatz hatte, gelang es ihm nie, sich in der holländischen Nationalmannschaft durchzusetzen. Nach seinem Debüt am 7. April 1965 kam er bis zu seinem letzten Spiel am 11. Oktober 1970 nur auf sechs Länderspiele, was vor allem daran lag, dass der damalige Bondscoach Georg Keßler in der Abwehrzentrale auf Rinus Israël und Hans Eijkenbroek setzte. Generell war es keine erfolgreiche Zeit für die Elftal, die sich erst 1974 wieder für ein internationales Turnier qualifizieren konnte und dort unter Rinus Michels Vize-Weltmeister wurde.

Trainertätigkeit und früher Tod

Auch nach seinem Karriereende blieb Laseroms zunächst in Belgien, um beim damals viertklassigen KVK Leper seine erste Trainerstation anzutreten. Trotz Platz 3 in der Saison 1974-75 verließ Laseroms den Verein und schloss sich dem niederländischen Zweitligisten FC Vlaardingen an. Dort verbrachte er  zwischen 1975 und 1979 die längste Station seiner Trainerkarriere. Nach einer weiteren Station bei Heracles Almelo ging Laseroms nach Bahrain, wo er sowohl East Riffa Club als auch die Nationalmannschaft trainierte. Nach weiteren Stationen im Oman und den Niederlanden trainierte Laseroms zuletzt Cengelköyspor in der Türkei, ehe er 1991 seinen Vertrag auflöste und in seine Heimat zurückkehrte.
Nur wenige Monate später starb Theo Laseroms am 25. April 1991 in Zwolle an den Folgen eines Herzinfarktes. Er wurde nur 51 Jahre alt. Bis heute gelten er und Rinus Israël als das beste Abwehrduo in der Geschichte des niederländischen Fußballs.

Marcel Grün, www.abseits.at

Marcel Grün

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