Während Pressesprecher und Vereinsverantwortliche ihre Worte stets bedacht wählen müssen, dürfen Fans ungeschönt über ihren Klub reden. Deshalb baten wir Fußballfans aus der ganzen... Fans und ihre Vereine (6) | Interview mit Manchester-United-Fan James (25)

Manchester United - Logo, WappenWährend Pressesprecher und Vereinsverantwortliche ihre Worte stets bedacht wählen müssen, dürfen Fans ungeschönt über ihren Klub reden. Deshalb baten wir Fußballfans aus der ganzen Welt ein wenig über sich und ihren Verein zu erzählen. Im sechsten Teil erzählt uns Manchester-United-Fan James, wie es ist als US-Amerikaner Fan eines europäischen Vereins zu sein. Die Spiele sieht er sich meist gemeinsam mit Freunden um acht in der Früh in einer Bar an.

Von welchem Verein bist du Fan und wie kam es dazu?

Ich bin mit meinem ganzen Herzen Fan von Manchester United und das schon mehr als zehn Jahre. Es gab keinen Moment, den ich auswählen kann und dann sage: „Da wurde ich Fan meines Vereins.“ Ich weiß aber, dass ich extrem fasziniert von Park Ji Sung war. Aufgrund unseres starken Kaders kam er meist nur von der Bank ins Spiel, aber wenn er eingewechselt wurde, dann hatte er meine ungeteilte Aufmerksamkeit.

Erinnerst du dich an dein erstes Spiel? Wie lief es ab?

Ich erinnere mich noch sehr gut an meine erste Partie. Es war im Jahr 2011 und wir spielten gegen den FC Barcelona – leider nicht im Champions-League-Finale, aber man darf ja träumen. Es war ein Freundschaftsspiel in Landover, Maryland. Ich dachte ich kann endlich Spieler wie Park, Berbatov und Rooney live sehen, aber Sir Alex stellte eine eher schwache Mannschaft auf, was aber verständlich war, da es ja um nichts ging. Park spielte leider nicht, aber ich sah immerhin David De Gea im Tor, der gerade von Atletico Madrid verpflichtet wurde. Wir gewannen die Partie mit 2:1 und Michael Owen schoss den Siegtreffer.

Wie läuft ein typischer Spieltag für dich ab?

Wenn ich in Manchester wohnen würde, dann würde ich die Spiele schon im Vorfeld zelebrieren und den Tag ganz nach der Partie ausrichten. Da ich in den USA lebe, kann ich nicht viel anderes machen, als die Spiele in der Früh gemeinsam mit Freunden in einer Bar ansehen. Wenn du in den USA um acht Uhr morgens in eine Bar gehst, glaubt jeder du bist Alkoholiker. Gehst du in die Bar um Fußball zu schauen, ist es aber etwas anderes und jeder nimmt dich als Fußballfan wahr.

Wie viel bezahlst du für eine Karte, bzw. wie viel kostet ein Abo bei deinem Klub?

Wenn Manchester United in den USA spielt dann schaue ich, dass ich zumindest eine Partie sehen kann. Die Tickets kosten 80-100 Dollar.

Wie viel musst du im Stadion für ein Bier bezahlen?

Die meisten Spiele finden im FedExField statt. Das Bier kostet dort etwa neun Dollar.

Kannst du uns etwas über die momentane Situation bei deinem Klub erzählen?

Zu Beginn der Saison wäre ich wohl pessimistischer gewesen, aber jetzt gegen Ende der aktuellen Spielzeit bin ich schon zufrieden mit den Leistungen. Es geht in die richtige Richtung und wir haben die Champions League im Visier. Es wird wohl einige Veränderungen im Kader geben, aber ich bin sicher wir haben nächstes Jahr im Titelkampf ein Wörtchen mitzureden.

Welches Spiel, oder welche Szene zählt zu deinen schönsten Erinnerungen?

Die Zeit zwischen 2005 und 2009, als Fergie eine wirklich solide Defensive zusammenstellte, die dem Gegner einfach keine Räume ließ. Niemand wird die Nacht vergessen, die uns den Champions-League-Sieg brachte, nachdem Chelsea schon wie der sichere Sieger aussah.

Was würdest du am liebsten verdrängen?

Ich würde ja fast sagen die letzten beiden Champions-League-Finalteilnahmen, in denen uns der FC Barcelona besiegte. Aber der Moment, als uns Aguero die Meisterschaft wegschnappte, war für mich noch um einiges bitterer. Das habe ich bis heute nicht so richtig verdaut. Ich weiß noch wie ich mein United-Trikot schon anhatte und mit Freunden um die Häuser ziehen wollte, um den 20. Meistertitel zu feiern. Es kam dann halt anders.

Wer ist deine persönliche Klub-Legende und weshalb?

Tom Cleverly! Nein, war nur Spaß. So sehr ich Park auch gern habe, ist die Antwort wohl Cristiano Ronaldo. Egal was die anderen sagen – wenn Cristiano einmal seine Karriere beendet hat, wird er als der größte Spieler in die Geschichte eingehen.

Wer ist der stärkste Spieler, den du jemals gegen deinen Klub spielen gesehen hast?

Da kann ich leider nicht sehr kreativ sein und muss Cristiano Ronaldo und Messi sagen, die beide gegen uns in der Champions League gespielt haben.

Was war das Verrückteste, das du jemals mit deinem Verein erlebt hast?

In Europa wäre das unvorstellbar, aber in den meisten Freundschaftsspielen, die in den USA ausgetragen werden, gibt es keine bestimmten Sektoren für die Fans. Da die Veranstalter nicht wissen können, welche Fans für welche Sektoren Karten kaufen wollen, werden einfach alle Karten verkauft, ohne auf die Zugehörigkeit der Mannschaften Rücksicht zu nehmen. Wenn also beispielsweise Real Madrid gegen den FC Barcelona in den USA ein Freundschaftsspiel austrägt, dann sitzen die Real- und Barca-Fans nebeneinander. Das kann dann schon heftig werden, ich habe mehrmals gesehen, wie aus verbalen Streitigkeiten heftige Raufereien entstanden.

Was würdest du ändern, wenn du morgen zum Präsidenten deines Vereins gewählt wirst?

Ich würde wahrscheinlich mehr Freundschaftsspiele in den USA austragen J
Da denke ich aber in erster Linie an mich.

Was würdest du ändern, wenn du über Nacht der neue FIFA-Präsident wärst?

Ich würde Katar die Weltmeisterschaft aberkennen. Wenn ich aber wirklich FIFA-Präsident wäre, dann würde ich nichts ändern, aufgrund der paar Millionen, die wie durch Zauberhand auf meinem Bankkonto auftauchen.

Gibt es weitere Geschichten, die du mit uns teilen möchtest?

Es wird oft gesagt, dass Fußball so etwas wie eine Religion ist, die die Fans, die Spieler und alle die den Sport lieben zusammenschweißt. Mein Vater erzählte mir eine interessante Geschichte, die er in einem Spital in Südkorea erlebte. Er machte einen Routine-Check und wartete gemeinsam mit einem anderen Mann, bis der Arzt ihn aufrief. Der Mann war wie ein Fußballer angezogen, hatte die volle Trainingsmontur an und mein Vater, der diesen Sport liebt, sprach ihn deshalb an. Es stellte sich später heraus, dass der andere Patient niemand Geringerer als An Yong-hak war, ein in Japan geborener Kicker, der aber für Nordkorea spielte und unter anderem an der Weltmeisterschaft 2010 teilnahm. Die beiden sprachen viel über Fußball und im Nachhinein konnte es mein Vater nicht fassen, wie bescheiden dieser Mann war, auch da er nicht einmal erwähnte, dass er Nationalspieler war. Sie sprachen nur über den Fußball an sich, wie er die Fans weltweit vereint und irgendwann vielleicht als Botschafter für den Frieden fungieren kann.

Stefan Karger, www.abseits.at

Stefan Karger

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