Bei der Europameisterschaft 2008 in Österreich und der Schweiz stürmte Russland überraschend bis ins Halbfinale und hatte mit Andrey Arshavin einen echten Superstar in... Kaum Glamour in der Sbornaja: Russland fährt ohne große Stars zur WM

Aleksandr Kerzhakov - RusslandBei der Europameisterschaft 2008 in Österreich und der Schweiz stürmte Russland überraschend bis ins Halbfinale und hatte mit Andrey Arshavin einen echten Superstar in den eigenen Reihen. Den Sprung in den aktuellen WM-Kader schaffte der heute 32-Jährige nicht mehr, weshalb man einen richtig bekannten Namen vergeblich sucht. Der Star ist mit Fabio Capello der Trainer.

Das Tor der Sbornaja hütet Igor Akinfeev. Der 28-Jährige zählt zu den routiniertesten Spielern des Teams, strahlt viel Ruhe aus und spielt mit einer enormen Konstanz. Obwohl er „nur“ bei ZSKA spielt zählt er zu den potenziell besten Torhütern in Europa. Mit dem Fuß ist er gut, auf der Linie noch etwas stärker und beim Herauslaufen bzw. in eins-gegen-eins-Situationen überragend. Hinter ihm ist Yuri Lodygin die Nummer zwei. Auch der Zenit-Keeper ist bärenstark in direkten Duellen mit gegnerischen Stürmern, hat aber Schwächen in der Strafraumbeherrschung. Hinter den beiden steht mit Sergey Ryzhikov von Rubin Kazan ein 33 Jahre alter, aber international keineswegs etablierter Torhüter bereit.

Torhüter-7

Die Innenverteidiger der Russen sind allesamt klassische „Abwehrrecken“. Sergei Ignashevich ist trotz seiner mittlerweile 34 Lenze gesetzt, ebenso Vasili Berezutski, der auch schon 31 Jahre am Buckel hat. Die beiden spielen seit über zehn Jahren Seite an Seite – sowohl im Nationalteam, als auch im Verein. Dementsprechend abgestimmt sind sie aufeinander. Aufgrund ihres Alters haben sie aber Probleme, sollte das Spiel viel Dynamik aufnehmen. Zudem sind sie überraschend anfällig bei Flanken. Ein ähnlicher Spieler ist auch ihr erster Vertreter, Vladimir Granat von Dynamo Moskau, der auch links in der Viererkette verteidigen kann. Innenverteidiger Nummer vier, Andrei Semyonov, kann ebenfalls außen aushelfen.

Innenverteidigung-4

Auf den Außenverteidigerpositionen gab es seit dem letzten Großereignis einen Umbruch. Rechts musste Aleksandr Anyukov, der fast ein Jahrzehnt eine feste Größe war, während der Qualifikation weichen. Um das Erbe gibt es einen Zweikampf zwischen Aleksei Kozlov und Andrey Yeshchenko. Letzterer dürfte die Nase vorne haben, kann starke Werte in den Balleroberungsstatistiken aufweisen und ist auf beiden Seiten einsetzbar. Kozlov spielt zurückhaltender und tritt auch offensiv weniger in Erscheinung. Links ist Dmitri Kombarov von Spartak gesetzt, ein dynamischer Außenverteidiger, der bei seinem Verein auch viele Offensivaufgaben übernimmt. Georgi Shchennikov vom Meister ZSKA sitzt dem 27-Jährigen aber im Nacken. Insgesamt hat das Außenverteidigerpaket also Potenzial, ist aber den Nachweis der internationalen Klasse (noch) schuldig.

Außenverteidigung-4

Im Mittelfeld agieren die Russen, die in einer 4-3-3-Ordnung spielen, mit drei zentralen Akteuren, wobei auch hier der Stamm etwas umgebaut wurde. Der neue Chef heißt Igor Denisov. Der 30-Jährige verfügt über ein starkes Passpiel, mit dem er die Struktur bestimmt. Er kann den Ball schnell verarbeiten, präzise in die Spitze spielen und mit verlagernden Pässen das Spiel beruhigen. Ebenfalls gesetzt ist Viktor Fayzulin, dessen Vielseitigkeit heraussticht und der stets einen großen Aktionsradius hat. Ebenfalls flexibel ist Roman Shirokov, der die dritte Zentrumsposition einnehmen wird.

Der 32-Jährige beherrscht das Box-to-Box-Spiel in allen Facetten und verfügt über eine gute Technik. Da auch Shirokov gerne pendelt kann die Grundordnung situativ 4-1-2-3-, 4-2-1-3-, 4-1-4-1 oder 4-2-3-1-Gestalt annehmen. Als nominelle Ersatzleute für die Halbpositionen sind Pavel Mogilevets, Aleksei Ionov und der routinierte Yuri Zhirkov dabei, wobei die letzten beiden auch am Flügel aushelfen können und Ersterer in die zentrale Rolle schlüpfen kann. Die erste Alternative zu Denisov ist allerdings Denis Glushakov.

ZentralesMittelfeld-6

Die Nachfolge von Arshavin könnte Alan Dzagoev antreten. Der 23-jährige Rechtsaußen war bei der EM 2012 der auffälligste Russe mit drei Toren in ebenso vielen Spielen. Dzagoev ist technisch sehr begabt und explosiv, hat den vor Jahren prophezeiten internationalen Durchbruch aber noch nicht geschafft. Auf der linken Seite gibt es keinen Fixstarter. Gemessen an den bisherigen Einsätzen dürfte Dynamos Aleksandr Kokorin, der durchaus torgefährlich ist, gute Chancen haben.

Der 23-Jährige ist aber auch eine Option für die Mittelstürmerposition und spielte zuletzt sowohl im Nationalteam als auch Verein dort. Daher dürfte Oleg Shatov der aussichtsreichste Kandidat sein. Der Zenit-Akteur ist ein durchaus interessanter Akteur: vielseitig, technisch gut und sehr zielgerichtet in seiner Spielweise. Wie Dzagoev unterliegt aber auch er Schwankungen. Als Ersatz für die Flügel fungieren rechts Aleksandr Samedov, torgefährlicher Außenstürmer bei Lok Moskau, und Maksim Kanunnikov von Amkar Perm sowie Zhirkov links.

Flügel-4

Als Solospitze wird nach wie vor auf Dauerbrenner Aleksandr Kerzhakov gesetzt. Der 31-Jährige ist ein richtiges Schlitzohr, bewegt sich mittlerweile nicht mehr unbedingt viel, dafür aber richtig und verfügt über einen guten Abschluss. Er kann den Ball gut abdecken und hat ein gutes Auge für seine Mitspieler. So wie es für Capello kein Vorbeikommen an Kerzhakov gibt, gibt es dies für den Stürmer ebenso wenig bei Zenit an den dortigen Stars. Das fasst die Stürmersituation bei Russland gut zusammen. Als Alternative gibt es nämlich nur die bereits erwähnten Kokorin und Kanunnikov.

Angriff-3

Alexander Semeliker

@axlsem

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