Das erste Spiel der tipico Bundesliga nach der Länderspielpause war ein sehr interessantes. Nicht nur weil mit Red Bull Salzburg und Austria Wien die... Niederlage bei Ogris-Debüt: Salzburgs Dynamik zu hoch für Austrias einfache Abläufe

FK Austria Wien - Wappen mit FarbenDas erste Spiel der tipico Bundesliga nach der Länderspielpause war ein sehr interessantes. Nicht nur weil mit Red Bull Salzburg und Austria Wien die beiden letzten Meister aufeinandertrafen. Nicht nur weil die Partie äußerst unterhaltsam war. Sondern in erster Linie weil bei den Wiener mit Andreas Ogris ein neuer Trainer auf der Bank saß.

Nur 18 Sekunden dauerte es bis die Austria unter dem 50-Jährigen das erste Gegentor hinnehmen musste. Diese Führung durch Marcel Sabitzer egalisierte David De Paula mit einem spektakulären Volleytor, ehe Valentino Lazaro die Bullen wieder in Front brachte. In der zweiten Hälfte sorgte der Youngster auch für den Schlusspunkt.

Hütter rotiert, Ogris krempelt um

Adi Hütter veränderte seine Mannschaft personell im Vergleich zur 2:3-Niederlage beim WAC in der letzten Runde. Links hinten verteidigte Benno Schmitz anstelle des verletzten Andreas Ulmer, rechts hinten Peter Ankersen für Christian Schwegler. Sabitzer rückte vom Flügel ins Angriffszentrum, sodass Lazaro neu in die Mannschaft kam. Interessant war vor allem, dass Stefan Ilsanker, eigentlich defensiver Mittelfeldspieler, trotz der Hereinnahme von Andre Ramalho, eigentlich Innenverteidiger, nicht auf seine angestammte Position rückte.

Bei der Wiener Austria gab es noch mehr Umstellungen. So bekam Ex-Kapitän Manuel Ortlechner zum ersten Mal seit Oktober wieder Einsatzzeit und feierte Alexander Frank sein Startelfdebüt in der Bundesliga. Der Topscorer der FAK-Amateure spielte als Solospitze, blieb aber ohne nennenswerte Aktion. Nach dem Spiel standen bei ihm 28 Ballaktionen zu Buche. Darüber hinaus kam Thomas Salamon als Rechtsverteidiger neu hinein, während David De Paula ins Zentrum rückte.

Kontroverses 4-3-2-1-Pressing

Dass der Spanier, der rechts hinten als Notnagel nicht enttäuschte, dort spielte hatte wohl mit Ogris‘ Ideen vom Spiel gegen den Ball zu tun. Aus der nominellen 4-1-4-1-Grundordnung wurde im Pressing ein 4-3-2-1. Die Flügelspieler zogen sich dabei, wie man im nachstehenden Bild sehen kann, zurück, während die beiden Achter nach vorne gingen. De Paula und Holzhauser fokussierten sich weitestgehend auf die beiden Sechser der Salzburger.

Phasenweise unterstützte De Paula Frank auch beim Anlaufen der Innenverteidiger und positionierte sich höher. Es handelte sich also um eine sehr laufintensive Rolle, die zu De Paula besser passt als beispielsweise Alexander Grünwald. Zudem bewies er bei seinem Treffer einmal mehr, dass er auch im Umschaltspiel mit seiner Athletik wertvoll sein kann.

Ausgehend von dieser 4-3-2-1-Grundordnung konnte die Austria die Bullen relativ früh auf die Außen drängen, jedoch hatte sie auch empfindliche Schwächen. Die Abstände zwischen dem Sechser und den zurückgezogenen Flügelspielern waren nämlich teilweise sehr groß, was den Salzburgern Vorstöße in die Halbräume ermöglichte. Das war insofern ein Problem, als es die Flügelspieler von Red Bull ohnehin sehr stark dorthin zieht. Es stellte sich für die Wiener also die Frage der passenden Zuordnung.

Meist gingen die FAK-Flügelspieler direkt auf ihre Pendants, wie beispielsweise im obigen Beispiel. Dadurch mussten aber die Außenverteidiger weit ins zweite Drittel aufrücken um Ankersen bzw. Schmitz zu stellen, was wiederum Räume hinter ihnen öffnete. Insbesondere Takumi Minamino konnte sich mit schnellen Sprints aus dem Halbraum heraus freilaufen und kam hinter die Abwehr – unter anderem auch vor dem 1:0.

Salzburgs flexibles Positionsspiel

Die Salzburger sind zugegebenermaßen aber auch ein äußerst undankbarer Gegner für eine Einstandspartie. Sie sind nämlich ein Team, das aufgrund der hohen individuellen Qualität, besonders dann Vorteile hat, wenn die Spieldynamik sehr hoch ist. Sie sind einerseits selbst bemüht, diese hoch zu halten, andererseits bekamen sie in diesem Spiel auch Unterstützung vom Gegner. Obwohl die Veilchen nämlich kaum Zeit hatten, passende taktische Abläufe zu trainieren, agierten sie sehr aggressiv und mit hohem Ballfokus. Ball und Spieler waren also permanent in Bewegung. Während dies bei der Austria sehr zufällig wirkte, zeigten die Salzburger aufeinander abgestimmte Läufe.

In diesem Bild sieht man eine Szene, in der die Salzburger die Dynamik zu ihren Gunsten nutzten. Sabitzer ist vom Sturmzentrum nach links außen gegangen, während Schmitz und Keita situativ die beiden Stürmer sind. Lazaro ist ebenfalls eingerückt und bindet den Linksverteidiger. Soriano und Minamino positionieren sich vor dem Strafraum, von wo aus sie mehrere Möglichkeiten haben, um gefährlich zu werden. Die Austria hat erneut keinen Zugriff, weil sie zuerst mit vielen Spielern zum Flügel schieben, aber den befreienden Pass nicht verhindern können.

Mannorientierungen und hoher Ballfokus

Das Problem der Austria war weniger die Pressingformation an sich, sondern die Art und Weise wie dieses ausgeführt wurde. Es war nämlich mehr oder weniger so, wie man es sich nach der Bestellung von Ogris erwarten konnte. Er spreche „die Sprache der Spieler“ und wolle den Spielern bewusst machen, „für welchen Verein sie spielen.“ Das ließ eine hohe Aggressivität und hohe Einsatzbereitschaft erwarten, was an und für sich sehr löblich ist, allerdings in diesem Spiel zulasten der Ordnung ging.

Die Wiener agierten mit einem sehr hohen Ballfokus, was sich vor allem gegen Mannschaften mit einem flexiblen Positionsspiel sehr schwer so durchziehen lässt, dass man dauerhaft Zugriff bekommt. Die Salzburger sind so ein Team und nahmen die Wiener Austria vor allem Mitte der ersten Hälfte regelrecht auseinander. Sie nutzten einerseits den Ballbesitz so, dass die Spieler der Austria dem Ball ständig hinterherlaufen mussten. Das heißt diese machten viele „leere Meter“, kamen kaum in die Zweikämpfe und entblößten gleichzeitig auch noch große Räume. Nachstehend ein Extrembeispiel.

Gleich fünf Spieler gingen hier am Strafraum auf den Ball, werden aber mit einem einfach Rück- und anschließendem Vorwärtspass ausgespielt. Was man in dieser Szene noch sehr gut sieht ist die fehlende Rückendeckung beim Attackieren. Gerade wenn man mit einem derart hohen Ballfokus spielt ist diese unerlässlich. Eine Überzahl in Ballnähe bedeutet nämlich, dass man anderorts in Unterzahl ist. Dementsprechend sollte man verhindern, dass der Gegner in diese Räume spielen kann. In dieser Szene gibt es nur Holzhauser als Absicherung. Dieser attackiert dann ebenfalls umgehend den Ball ohne entsprechende Rückendeckung zu erfahren.

Zu wenig aus starkem Umschaltspiel gemacht

In den oberen beiden Bildern erkennt man zudem auch, dass die beiden Flügelspieler im tiefen Pressing kaum aktiv wurden. Das ist einerseits natürlich ein Risikofaktor in der defensiven Stabilität, bringt aber im offensiven Umschaltspiel Potenzial. Dieses nutzten die Veilchen in der ersten Phase nach Balleroberungen auch sehr gut aus. Insbesondere dank Marco Meilinger und Daniel Royer konnte man sich vom Gegenpressing der Bullen befreien.

Gemeinsam mit der Antrittsschnelligkeit der beiden, der sehr hohen Position von Frank sowie einiger individueller Fehler der gegnerischen Innenverteidiger fand die Austria die eine oder andere gefährliche Kontermöglichkeit vor. So fiel nicht nur der Ausgleich nach einer Balleroberung in der gegnerischen Hälfte, sondern gab es kurz darauf auch zwei sehr gute Chancen auf die Führung. Auch das passte zu Ogris‘ Ankündigungen vor dem Spiel. Die primären Ideen konnte die Austria unter ihrem neuen Trainer also schon umsetzen. Ob auch die taktischen Abläufe verbessert werden können, werden die nächsten Spiele zeigen.

Alexander Semeliker, abseits.at

Alexander Semeliker

@axlsem

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