Beim heutigen Testspiel im innviertlerischen Kopfing trifft die SV Ried auf den bayerischen Regionalligisten SV Schalding-Heining. Der Passauer Vorort gilt bei unseren Nachbarn als... Trainerstory: Anton Autengruber – Vom OÖ-Unterhaus in Richtung deutsches Profigeschäft

Training2_abseits.atBeim heutigen Testspiel im innviertlerischen Kopfing trifft die SV Ried auf den bayerischen Regionalligisten SV Schalding-Heining. Der Passauer Vorort gilt bei unseren Nachbarn als das große Vorbild für viele Amateurvereine, bietet man doch den großen und teuren Namen in Deutschlands vierthöchster Liga erfolgreich die Stirn. An der Linie steht nun ein Coach, der kürzlich ausgerechnet bei unserem oberösterreichischen Unterhaus-Spielbericht hier auf abseits.at von seinem alten Arbeitgeber – der Union Julbach – emotional verabschiedet wurde. Anton Autengruber schrieb eine sensationelle Trainer-Erfolgsgeschichte. Mit für das Unterhaus doch neuartigen analytischen Methoden, wurde zuerst ein kleiner Mühlviertler Verein auf den Kopf gestellt und danach der Trainer an die Schwelle des deutschen Profifußballs – in die bayerische Regionalliga – geholt.

Gegneranalyse 2.0 am Beispiel in Julbach

Vor drei Jahren staunte man nicht schlecht beim eben erst in die Bezirksliga aufgestiegenen Dorfklub Union Julbach, als ein neu geholter deutscher Trainer seine Philosophie und Ziele vorstellte. Doch schnell wussten alle im Verein, dass da wohl ein echter Glücksgriff gelungen ist. Nachdem der Klub den Großteil seiner knapp 50-Jährigen Geschichte in der letzten, achten Klasse, im Mühlviertler Fußballniemandsland fristete, gelang 2013 das Highlight mit dem Aufstieg in die sechsthöchste Liga. Um dort auch zu bleiben, wurde mit Anton Autengruber ein in Oberösterreich noch komplett unbekannter, deutscher „Konzept-Trainer“ geholt.

Auch wenn Taktik und Spielvorbereitung bei den Hobbykickern zuvor natürlich schon eine Rolle spielten, wurden die Aspekte rund um den Spieltag in eine neue, bis dato völlig unbekannte Sphäre gehoben. Der nun 47-Jährige Bayer war dabei ständig auch bei anderen Spielen der Konkurrenz in der Liga unterwegs, sammelte dazu noch Infos von Kiebitzen, Medien und natürlich von den eigenen Begegnungen seiner Mannschaft. All diese Hinweise wurden in eine umfangreiche Gegner-Datenbank gegossen.

Bei den Spielerbesprechungen wurden so fortan die Eigenschaften der Gegenspieler am Fernseher im Klubraum auf (bekannte) Stärken- und Schwächen analysiert. Welchen potentiellen Schwachpunkt gibt es zum „Anbohren“? Welcher Innenverteidiger eröffnet bevorzugt das Spiel? Über welche Flügel-Seite kommt der Gegner gefährlicher, mit mehr Tempo? Fragen auf die der DFB-A-Lizenztrainer vor den Spielen schon die möglichen Antworten austüftelte und dahingehend die eigenen Julbacher Kicker einzustellen versuchte. Ziel war es dabei, neben dem eigenen, vorhandene Potential im Kader, sich bestmöglich an den nächsten Gegner anzupassen und so die eigenen Stärken in die aussichtsreichste, erfolgversprechendste Taktik zu gießen. Damit sollte der Faktor Zufall weitestgehend minimiert werden. Wohlgemerkt, wir reden hier nicht von einer Profimannschaft, sondern befinden uns noch in der sechsthöchsten österreichischen Liga!

Dazu wurden im Training schwerpunktmäßig die Bestandteile des Matchplans für das kommende Wochenende erarbeitet. Die zweite Mannschaft simulierte beim Abschlussspiel oft zumindest die erwartete taktische Ausrichtung des Gegners. Nachhaltig und zukunftsorientiert wurde aber natürlich in erster Linie an den eigenen Stärken gefeilt. Aber auch abseits des Platzes steht der respektvolle Umgang mit Spielern und Fans im Vordergrund. So wurde ein Wir-Gefühl geschaffen, das schließlich den ganzen Verein wie eine Welle mitriss und mehrere hundert Fans auf den Sportplatz lockte.

Aber klar, in der Praxis gibt’s natürlich immer eine Fehlerquote und natürlich spielt der Gegner nicht immer bei den Prophezeiungen die erwartete Rolle. Auch präsentieren sich Spieler – gerade im Hobby-Bereich – oft anders als analysiert und erwartet. Dazu fehlt dann natürlich schon eine größere Menge an Erfahrungswerten. Doch Summa summarum waren es dann doch oft der Wissensvorsprung im Hintergrund und der klare Matchplan in der Hand, die bei knappen Spielen den kleinen, aber feinen Unterschied ausmachten. So wurde in Julbach mit im Vergleich zur Konkurrenz bescheidenen finanziellen Mitteln, an einem kleinen oberösterreichischen Fußballwunder gebastelt, das heuer mit dem Sprung in die Landesliga gipfelte. Jedoch ohne Autengruber, der wurde nämlich schon vorzeitig in die bayerische Heimat zurückbeordert. Beim SV Schalding brannte nämlich der Hut lichterloh…

Sensation in Schalding

Jener SV Schalding-Heining ist einer der wenigen Vereine ohne Profis in der bayerischen Regionalliga, der vierthöchsten deutschen Spielklasse. Als kleiner Vorort der Donaustadt Passau, bewiesen sich die Grün-Weißen im Konzert der Großen. Seit 2013 kickt man sogar in der Regionalliga! Doch im vergangenen Frühjahr drohte dies sein jähes Ende zu finden: Nach nur drei Siegen aus den letzten 20 Partien war sowohl die Stimmung, als auch die Tabellenposition im Keller. Da Autengrubers Erfolge im Nachbarland auch den Passauern nicht verborgen blieben, präsentierte man kurzerhand den in dieser Kategorie noch gänzlich unerfahrenen Trainerfuchs – unabhängig ob der Klassenerhalt gelingen sollte – für die nächste Saison als neuen Coach. Doch vorher sollte beim Vorletzten noch irgendwie der Turnaround und damit der Sprung in die Relegation gelingen.

Das erste Finalspiel stand schon vier Tage nach dem Trainer-Wechsel am Programm, mit Schweinfurt wartete der erste direkte Abstiegskandidat. Der wurde ebenso besiegt, wie die zweite Mannschaft vom Bundesligisten Augsburg die Woche darauf. Mehrere hundert Fans der Grünweißen, nun wieder an das Wunder glaubend, trauten in der vorletzten Runde ihren Augen kaum, als auf der heimischen Anzeigetafel im dritten direkten Abstiegsduell ein 4:0-Sieg gegen Amberg angezeigt wurde. Damit war Schalding sogar wieder über dem „Strich“, der wenige Tage zuvor nicht mehr für möglich gehaltene, direkte Klassenerhalt war nun plötzlich wieder in Reichweite. Ausgerechnet beim  Fünftplatzierten FV Illertissen gelang die nächste Sensation mit einem 4:1 Auswärtssieg. Damit fixierte Schalding Rang 13 und hatte mit den 12 Punkten aus den letzten vier Spielen den direkten Klassenerhalt fixiert. Die Passauer Medien überschlugen sich mit Lobeshymnen auf die wiedererstarkten Schaldinger, samt ihren neuen Cheftrainer.

Der angenehme Nebeneffekt für den Fußballverrückten: dank der vermiedenen „Überstunden“ in einer Relegation, hatte er nun schon eine verfrühte bayerische Sommerpause. Was natürlich auch bei den mitten im Aufstiegskampf befindenden Julbachern wieder Begehrlichkeiten auslöste. Sowohl der Sektionsleiter, als auch der Interims-Coach holten den Ex-Trainer, für die letzten Partien wieder zur Mannschaft zurück, um am gemeinsamen Ziel „Aufstieg“ mitzuhelfen. Was schließlich auch gelang!

So hat sich Anton Autengruber nach dem turbulentesten Frühjahr mit der Meistermedaille in Österreich und dem gleichzeitig fixierten Klassenerhalt in Deutschland gleich doppelt belohnt. Nun ist aber der Blick nur mehr nach vorne gerichtet: Fast täglich wird am Trainingsplatz am Reuthinger Weg – knapp außerhalb von Passau – für das Ziel „Klassenerhalt“ geschwitzt. So freut sich der Neo-Coach auf die Auswärtsfahrten zu den zweiten Mannschaften vom FC Bayern, Nürnberg oder 1860 München ebenso, wie die Spiele gegen ambitionierte Traditionsklubs wie Burghausen oder Unterhaching. Der Zuschauerschnitt lag bei den Schaldingern übrigens bei knapp über 1.000 pro Match. Da der DFB die Spiele der vierten Liga filmen lässt und den Vereinen zur Verfügung stellt, können sich hier die Taktikfüchse erst recht mit Gegneranalysen austoben.

Und wer weiß, geht der Aufstieg des 47-Jährigen so rasant weiter, hört und sieht man ja den Namen Autengruber vielleicht bald sogar schon einmal im deutschen Profigeschäft.

Heute testet der Passauer Underdog SV Schalding-Heining im oberösterrichischen Kopfing im Innkreis in der „Innputz Arena“ um 18 Uhr gegen den Bundesligisten SV Ried.

Zur Person Anton Autengruber:

Fußballerische Ausbildung: seit 1997 A-Lizenz DFB, Mitglied Prüfungskomission Trainerausbildung C-Lizenz beim Bayerischen Fussballverband, Ausbilder der Nachwuchsabteilung beim BFV, Leitung Fussball-Camps des BFV

Stationen:
1992 – 2003 SSV Jandelsbrunn (D)
2003 – 2009 TSV Waldkirchen (D)
2009 – 2010 SSV Jandeslbrunn (D)
2010 – 2012 TSV Waldkirchen (D)
2013 –2016 Union Julbach
seit April 2016 SV Schalding-Heining (4. deutsche Liga)

Erfolge: 1992 Aufstieg Kreisliga, 2001 Aufstieg Bezirksliga, 2003 Aufstieg Bezirksoberliga, 2 x Pokalsieg Kreisebene, 2012 Aufstieg Landesliga mit dem TSV Waldkirchen, 2016 Aufstieg Landesliga und Klassenerhalt in Bayernliga

Werner Sonnleitner, abseits.at

Werner Sonnleitner

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